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112.-114. Tag Kongo-KriegsverbrecherprozessKrieg stört Kriegsverbrecherprozess

Genau zu Beginn der Befragungen kongolesischer Opferzeugen bricht im Kongo der Krieg wieder aus. Nicht mal die erste Zeugin kann zu Ende befragt werden.

Unter diesem Wappen sollen Kongolesinnen von ihren Vergewaltigungen durch die FDLR berichten. Bild: dapd

In der Mitte des Saals steht ein großer Fernseher und eine Kamera für die audiovisuelle Befragung, auch ein Techniker ist anwesend. Vor Beginn der Sitzung ist die Kamera kurz an: man sieht das Ende eines Tisches mit einer Stuhllehne vor einer Wand mit dem Wappen des Landes Baden-Württemberg.

Dieser Tisch und diese Wand befinden sich an einem unbekannten Ort im Afrika der Großen Seen. Hier werden, unter strikten Ausschluss der Öffentlichkeit, die kongolesischen Opferzeugen im Prozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni, Präsident und 1. Vizepräsident der im Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) per Videolink befrag.

Beziehungsweise: Hier sollten sie befragt werden. Denn wenige Tage nach Beginn der ersten dieser Vernehmungen bricht der Krieg, der derzeit im Osten der Demokratischen Republik Kongo zwischen Regierung und der Tutsi-geführten Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) herrscht, nach einigen Monaten Ruhe wieder voll auf.

Am 12., 14. und 19. November sollte die erste kongolesische Zeugin befragt werden. Ab 21. November sollte der nächste Zeuge folgen. Am 15. November brachen nördlich von Goma schwere Kämpfe zwischen Kongos Regierungsarmee und den M23-Rebellen aus. Am 17. November rückten die Rebellen bis an den Stadtrand von Goma heran. Am 19. November beschoss Kongos Armee die ruandische Grenzstadt Gisenyi mit Artillerie. Am 20. November eroberten die M23-Rebellen Goma nach schweren Kämpfen.

An ihrem ersten Tag, dem 112. Verhandlungstag, wird die erste Zeugin noch ganztägig vernommen, mit häufigen und im Laufe des Tages immer häufigeren Unterbrechungen. Am zweiten Tag wird erklärt, die Zeugin sei vom ersten Tag sehr mitgenommen, habe sich aber entschieden, doch weiter auszusagen. Doch die Befragung endet bereits nach wenigen Stunden. Am dritten Tag ist die Zeugin gar nicht erst da. Aufgrund der aktuellen Situation sei die Vernehmung nicht möglich, verkündet der Vorsitzende Richter Hettich unter Verweis auf eine E-Mail des BKA-Vertreters vor Ort.

Das wird auch so bleiben. Die Befragung der Zeugin ist bis auf weiteres nicht möglich, verkündet der Senat am 21. November. Die der weiteren Opferzeugen offenbar auch nicht. Nach wenigen Tagen gibt der Senat einen neuen Fahrplan für den weiteren Verlauf des Prozesses bis Jahresende bekannt.

Redaktion: Dominic Johnson

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1 Kommentar

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  • M
    magy

    Richter Hettig möge doch bitte dem Theater der Angeklagten ein Ende bereiten.

    Urteil Lebenslang wirklich bis ans Ende deren Tage, keinerlei Besuche, keine Extras, kein Blatt Papier, keine Erlaubnis ein Buch zu schreiben od. ähnl. Akrivitäten um sich so am Leid der Menschen im Kongo noch zu bereichern oder darüber zu sprotten, keinen Stift, kein Radio, kein Fernseher, nichts absolut nichts, keine Arbeit im Knast., so haben sie reichlich Zeit nachzudenken und zu bereuen.

    Das ist nicht mal annähernd die Strafe, die diese beiden "Herren" verdient haben, nach all dem was sie durch ihre Befehle allein den Frauen, Mädchen sogar fast Säuglingen angetan haben. Von all den anderen Gräueltaten rede ich noch nicht mal.

    Mögen in Kongo noch so viele sog. Friedensrichter unterwegs sein, was allein diese beiden Angeklagten durch Befehlsgabe den Menschen in Ostkongo angetan haben, kann man zwar tot schweigen, niemals verzeihen. Die Leute müssen sich aber mit den Mördern und Vergewaltigern treffen und müssen sagen ich verzeihe, weil das von ganz oben so gewollt ist. Welch ein Hohn. Das ist doch nur eine weitere scheinheilige Aktion um der Öffentlichkeit zu zeigen, schaut mal liebes Volk ich tu was für euch. Warum hat dann die Armee nicht eingegriffen, wo blieb da der Befehl des obersten Befehlshabers dem Präsidenten des Kongo das zu stoppen für alle Zeit. Der Präsident hat sein Personal nicht unter Kontrolle.