: 100.000 demonstrieren gegen Roh
■ Südkoreanischer Präsident zu Verhandlungen über Grenzöffnung nach Nordkorea bereit
Seoul (afp) - Über 100.000 Menschen haben in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul am Samstag auf einer Kundgebung der Opposition die Auflösung des Parlaments und rasche Neuwahlen gefordert. Junge Studenten und Arbeiter reckten bei der Demonstration in einem öffentlichen Park im Süden der Stadt die geballten Fäuste und skandierten: „Jagt die Regierung Roh Tae Woo fort - Zerschlagt die Demokratisch Liberale Partei.“ Rund 20.000 Polizisten der Anti-Aufruhr -Einheiten wurden außerhalb des Parks postiert, um gegen mögliche gewalttätige Ausschreitungen nach der Kundgebung vorzugehen. Zu der Demonstration hatten die beiden großen Oppositionsparteien und verschiedene Dissidentengruppen aufgerufen. Sie hatten am Freitag beschlossen, sich im Kampf gegen Roh zusammenzuschließen. Aus Protest dagegen, daß die DLP eine Reihe von umstrittenen Gesetzen im Parlament durchgeboxt hatte, wollen alle Abgeordneten der Opposition am Montag ihre Mandate niederlegen und die Auflösung der Nationalversammlung sowie rasche Neuwahlen verlangen. Die DLP verfügt über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, seit Rohs Partei sich im Januar mit zwei kleineren Oppositiongruppen zusammenschloß. Die 299köpfige Nationalversammlung habe ihre Existenzgrundlage verloren, nachdem alle 78 Oppositonsabgeordneten geschlossen zurücktreten wollten, sagte Oppositionsführer Kim Dae Jung vor den Demonstranten am Samstag. „Ein Parlament ohne Opposition ist kein Parlament mehr“, meinte Kim.
Unterdessen hat sich der südkoreanische Präsident Roh Tae Woo am Samstag bereit erklärt, über die von Nordkorea gestellten Bedingungen für eine Öffnung der Grenze zwischen beiden Staaten zu verhandeln. Roh sagte dem Kabinett, man müsse mit den Bemühungen fortfahren, durch Gespräche mit dem Norden das Ziel eines freien Reiseverkehrs zwischen beiden Staaten zu errreichen.
Nordkorea hatte am Samstag den Vorschlag Rohs abgelehnt, die Grenze für alle Nordkoreaner fünf Tage lang zu öffnen, damit sie Südkorea besuchen können. Das Angebot wurde als „betrügerische Propaganda“ bezeichnet. Abgesehen vom Abbau der Betonmauer forderte Nordkorea die Abschaffung des südkoreanischen Verbots von Reisen in den Norden und die Freilassung aller Personen, die wegen ihrer Reisen nach Norden inhaftiert worden waren.
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