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100 Tage Rot-Schwarz: Thomas HeilmannDer Anti-Jurist

Der CDU-Mann und Senator für Justiz und Verbraucherschutz arbeitet so, als ob er nie Jura studiert hätte: ausprobieren, die Praxis entscheiden lassen. Das kommt bislang auch bei der Opposition gut an

Der Berliner Senator für Justiz und Verbraucherschutz: Thomas Heilmann (CDU) Bild: DPA

Manche Menschen muss man lange studieren, um ihre prägenden Charakterzüge zu erkennen. Thomas Heilmann gehört nicht dazu. Beim neuen Justiz- und Verbraucherschutzsenator der CDU ist es ein Satz, der seine Herangehensweise auf den Punkt bringt: „Meine Haltung ist: Grau ist alle Theorie, lasst uns das mal ausprobieren.“

Heilmann bezog sich damit auf die elektronische Fußfessel, die Berlin bald einführen wird. Als er erst sechs Tage im Amt war, musste er zum ersten Mal in den Rechtsausschuss des Parlaments und handelte nach derselben Maxime. Andere hätten erst mal geschaut, wie die Abgeordneten ticken – vor allem die versierten Rechtspolitiker der Grünen und der Linkspartei. Das jedoch ist nicht Heilmanns Ding: Er kam gleich mit einer ganzen Liste voller Ideen in die Sitzung, wie man den Handel mit Schrottimmobilien eindämmen könnte.

Über dieses Thema war sein Vorgänger Michael Braun (CDU) im Dezember gestolpert, weil er als Notar Geschäfte dieser Art beurkundet haben soll – es folgte der erfolgreiche Unternehmer Heilmann, 47 Jahre alt, Mitgründer der Werbeagentur Scholz & Friends, Quereinsteiger in der Berliner CDU und seit drei Jahren ihr Vizechef.

Die Liste, die der neue Senator im Rechtsausschuss präsentierte, hätte bereits besser ausgearbeitet sein können. Aber das Prüfen bis in die letzten Nuancen wäre nicht bis zur Sitzung abgeschlossen gewesen. Und nach der Affäre um Braun musste vor allem eine schnelle Ansage her: Nach einem blauen Brief wirkt auch eine Zwei in der nächsten Klausur wie eine Eins. Heilmann telefonierte also mit dem Vorsitzenden der Justizministerkonferenz der Bundesländer und einigte sich auf eine gemeinsame Linie. Wenn er als Werbeprofi eines mit in sein Amt gebracht hat, ist es das Wissen um die Kraft des Moments.

Da könnte man jetzt sagen: So sind sie eben, die BWLer. Aber Heilmann, der zwar vom Typ her der völlige Anti-Jurist ist – der nicht auf die Bremse tritt, der nicht auf Nummer sicher geht und für den das Glas immer halb voll statt halb leer ist –, ist sehr wohl Jurist. Er hat beide Staatsexamen bestanden und war damit formell befähigt, Richter zu werden.

Und heiße Luft präsentierte er eben auch nicht: Auf seiner Liste stehen pragmatische Vorschläge im Kampf gegen dubiose Immobilienhändler. Sogar der rechtspolitische Spreche der Linksfraktion, Klaus Lederer, sagte, Heilmann solle mal machen. Er wie andere Oppositionspolitiker waren angetan, dass Heilmann sie schon zuvor über seinen beabsichtigten Vorstoß informiert hatte. Das könne ein neuer Stil im Umgang zwischen Regierung und Opposition werden, sagte der Grüne Dirk Behrendt.

Nun könnte es ja manchem in der CDU Sorge bereiten, dass Heilmann derzeit sogar mehr Medienaufmerksamkeit bekommt als Parteichef Frank Henkel. Doch gibt es bislang keinen, der das zumindest halblaut äußern würde. Das ginge auch schlecht: Heilmann, einer der Macher des Wahlerfolgs der CDU und eigentlich nur am Bildungsressort interessiert, das aber an die SPD ging, stand zur Verfügung, als Henkel dringend einen Nachfolger für Braun suchte. Dankbarkeit ist selten in der Politik – aber auch die CDU könnte es sich derzeit nicht leisten, an Heilmann zu kritteln.

Das gilt umso mehr, als nicht nur die SPD, sondern die komplette Opposition sein bisheriges Wirken positiv beurteilt. „Zwischen zwei und zwei plus“, benotet SPD-Rechtspolitiker Sven Kohlmeier. Effekthascherisches kann er nicht erkennen: „Wenn man so schnell Vorschläge macht, wird einem das schnell als Aktionismus ausgelegt. Macht man nichts, gilt es als Faulheit – da ist mir der Vorwurf des Aktionismus doch lieber.“ Pirat Simon Weiß lobt seine Offenheit, der Grüne Behrendt spricht von einem engagierten Start. Das sieht auch Lederer von der Linkspartei so. Dessen Erwartungen an einen CDU-Senator waren allerdings ohnehin nicht groß: „Ich bin froh, dass wir keinen erzkonservativen Justizsenator bekommen haben, für den Wegsperren alles ist.“

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