piwik no script img

10 Gründe für die VolksparteiAlte Tante Esspehdeh

Sie war mutig, mächtig und sie hatte einmal viele Mitglieder. Bevor sie verschwindet: Zehn gefühlte und nicht-realpolitische Gründe, weshalb die SPD als Volkspartei bleiben muss.

Die SPD hat ein "quasi unerschütterliches historisches Existenzrecht" und darf nicht in der Mediokrität versinken. Bild: dpa

Auf Kurt Beck, den derzeitigen SPD-Vorsitzenden, gibt die Wochenzeitung Die Zeit nicht mehr viel. Frank-Walter Steinmeier sei der Mann, der diese Volkspartei retten soll, titelt sie vor einem blass-rosa Bild des deutschen Außenministers. Und behauptet auf Seite 4, das Problem der SPD sei, dass zu viele noch glaubten, die SPD habe ein "quasi unerschütterliches historisches Existenzrecht". Das hat sie! Und das sind die Gründe, weshalb diese Partei nicht in der Mediokrität versinken darf - oder wenigstens unter Denkmalschutz gestellt gehört, auch wenn es "den Arbeiter" längst nicht mehr gibt:

1. Sie ist eine wichtige Identifikationsfläche!

Wer als Kind schon auf Parteitage geschleppt wurde, seinen weißbeschichteten Pressholzkleiderschrank im Kinderzimmer mit Aufklebern verzierte, auf denen stand "Ich habe einen Vogel. Und der heißt Hans-Jochen", für den ist die SPD eine schöne Kindheitserinnerung. Die Ausflüge zu Parteitagen, die Malversuche auf der Rückseite ausgedienter Flugblätter. Heute bleibt nur noch ein alter angekauter SPD-Bleistift, der seit über zehn Jahren in der Schublade liegt.

2. Sie ist ein Hort für Unentschlossene !

Die Frage, wen man bei der nächsten Wahl wählen sollte, stellte sich nicht. Die wahlberechtigten Mitglieder einer Familie gingen geschlossen ins Wahlbüro, um ihre Stimme der Familienpartei zu geben. Diese Zeiten sind vorbei, so wie es auch die einfache Einteilung der Welt in rechts und links ist. Zwar funktioniert die CDU ähnlich, doch distanziert sich in diesem Fall, wer keine angepasste Pissnelke sein will, lieber mal von der bevorzugten Partei seiner Eltern.

3. Sie ist die Partei der intellektuellen Pfeifenraucher!

In der SPD wird noch die Kultur der ungesunden Wohllebe gepflegt - schlechte Zähne (Björn Engholm) und schlechte Angewohnheiten (Helmut "Schnupfi" Schmidt) reichen sich hier die Hand.

4. Gelassenheit und Coolness!

Die SPD hatte einen langen Atem. Auch wenn er, siehe Helmut Schmidt, sicher nicht immer der frischeste war.

5. Sozialdemokraten sind Paneuropäer!

Bei der SPD wusste man, dass man Teil einer europäischen Gemeinschaft war. Die Sozialisten in Frankreich, Großbritannien oder Schweden tun alles, um sich selbst in die Randständigkeit zu bewegen. Einziges wertvolles Gegenbeispiel: Spanien.

6. Große Frauen!

Äh. Kann ja noch kommen.

7. Große Versprechen!

Willy Brandt mit seinem Kniefall, das war das Versprechen einer besseren Welt, eines besseren Deutschland. Helmut Schmidts Hartnäckigkeit in den Entführungsfällen der RAF zeigte, dass der Staat verlässlich war.

8. Partei als Heimat!

"Die Partei war immer mehr als eine Zweckgemeinschaft", sagt sogar die linksradikale taz. Aber heute sehen die Möglichkeiten der Gemeinschaftsbildung anders aus und gehen über andere Wege. Heute organisiert sich die Jugend bei Attac. Zwar muss auch diese Bewegung sich fragen, worin ihre Zukunft liegt, aber nicht so dringend wie die SPD.

9. Alles - nur keine CDU!

Das waren die anderen. Heute hat die CDU typische SPD-Themen besetzt: Kinderbetreung, soziale Gleichstellung. Was bleibt den Genossen? Die Geschichte!

10. Hoher Geschichtswert!

Die SPD ist "in business since 1863" und daher die traditionsreichste Marke auf dem Polit-Markt. Welche andere heute existierende Partei hat schon dem Ersten Weltkrieg zugestimmt? Eben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
  • BS
    B. Schwerer

    Die SPD war immer von Flügelkämpfen geprägt. Aber sie hatte markante und teilweise sogar große Köpfe. Die hat sie jetzt nicht mehr. Die letzte markante Figur in der SPD war Schröder, nur hat der ein kaum zu kittendes Chaos in der SPD hinterlassen. Die Berliner Führung hat er mit seinen auf Blairs New Economy getrimmten Gefolgsleuten besetzt, die haben jedoch kaum Rückhalt an der Basis und insbesondere nicht in den Landesbezirken. Dort sitzen die alten Malocher, denen das Gestelze der Zentrale stinkt. Und deswegen läuft die Basis in Scharen zur Linken über und der SPD fehlen die Köpfe und wegen ihrer Zerissenheit ein parteiintern akzeptiertes Konzept, diesen Trend zu wenden. Ob Steinmeier den Karren aus dem Dreck ziehen kann, wenn der die SPD als rosa angehauchte CDU verkaufen will, darf bezweifelt werden.

  • SN
    Stefan Notter

    Ich persönlich bin gegen den Verkauf von Teilen der DB.

    Laut Umfragen die Mehrheit der Bevölkerung auch.

    Die Mehrheit der Parteimitglieder ist dagegen.

     

    Im Bundestag stimmt die ?PD dafür !

     

    Warum soll ich sie wählen?

    Vielleicht geht es anderen genauso?

  • V
    vic

    Eine SPD mit Steinmeier am Ruder ist eine Alternative für Merkelwähler. Mehr aber auch nicht.

    "you better start swimming or you sink like a stone-´couse the times they are a changin´"

    Die SPD vergaß rechtzeitig zu schwimmen.

  • RM
    Robert Meyer

    Es gibt 1000 gute Gründe die nächsten hundert Jahre lang keine SPD mehr zu wählen. Doch wenn die Sozialdemokratie in vielen ostdeutschen Kreisen unter 10 Prozent rutscht, dann gibt es für Kurt Beck, die Nummer 1 auf dem Feld, nur einen Weg:Die Nullnummer bei der Bundestagswahl 2009 verhindern und abzutreten.

  • D
    DerSozialist

    Insgesamt eher eine gefühlte Glosse, denn ein gescheiter Beitrag. Lediglich letzter Punkt des Beitrags verdient eine ernsthafte Betrachtung. Sicher, die SPD stimmte der Kriegskreditbewilligung 1914 zu. Dies war aber zugleich Ursache für eine Abspaltung zu einer USPD im Jahre 1917. Diese wiederum war Sediment für die Gründung einer KPD. Die SPD war nach dem 1.Weltkrieg als "gespaltene" Arbeiterbewegungspartei Reparationszahlungsregierung in einer parlamentarisch-demokratischen Weimarer Republik. Während das gutbürgerliche Zentrum und die aufkommende Rechte entweder die Monarchie wiederherstellen oder einem italienischen Faschismus nacheifern wollte, hat sich eine KPD lediglich mit Revolutionsphantasien beschäftigt.

    Die Kärrnerarbeit der zarten Pflanze Demokratie unter schlechten Rahmenbedingungen aber blieb allein der SPD vorbehalten. Dies hat sie historisch betrachtet bis zur Rede von Otto Wels in der Kroll-Oper und später noch in der Illegalität verdienstvoll unternommen.

     

    Evtl. bleibt es unserer Generation zur Aufgabe gestellt, die "alte Tante" SPD auf eine neue, sozialistische Grundlage zu stellen.