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Recherchen der Antifa HeidelbergZwei weitere Spitzel

Nach dem "Fall Simon Brenner" berichtet die Antifaschistische Initiative Heidelberg von zwei weiteren verdeckten Ermittlern. Das zuständige Ministerium schweigt.

Bibliothek der Universität Heidelberg. Bild: Rainer Ebert | CC-BY-SA

BERLIN taz | Nachdem im Dezember bekannt wurde, dass ein 24-jähriger Polizist unter dem Decknamen Simon Brenner monatelang die linke Szene in Heidelberg ausspioniert hatte, erhebt die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) jetzt neue Vorwürfe. Recherchen hätten ergeben, dass zwei weitere verdeckte ErmittlerInnen des Landeskriminalamts (LKA) gegen die linke Szene aktiv seien, heißt es in einer Mitteilung. Demnach sei der Einsatz der Polizeidirektion Heidelberg und des LKA vor zwei Jahren gestartet worden. Jetzt seien noch ein Mann und eine Frau unter falscher Identität im Einsatz.

Das Innenministerium wollte am Sonntag dazu keine Stellung nehmen. "Dass unsere Rechercheergebnisse nicht dementiert werden, spricht Bände", sagte ein Sprecher der AIHD der taz. Wie genau die Recherchen aussahen, wollte er aufgrund des Quellenschutzes nicht erklären. Es scheint, als seien die vermeintlichen Spitzel den linken AktivistInnen bekannt. "Wenn der Einsatz von offizieller Seite weiter vertuscht wird, ist es vielleicht an uns, die beiden zu enttarnen", sagte der Antifa-Sprecher. Er forderte vom Innenministerium, den gesamten Einsatz umfassend aufzuklären und die verbliebenen Ermittler abzuziehen, auch zu deren eigenem Schutz.

Am 12. Dezember war der 24-jährige Polizist "Simon Brenner" aufgeflogen, als er auf einer Party zufällig von einer Urlaubsbekanntschaft wiedererkannt wurde, der er sich als Polizist vorgestellt hatte. Er wurde von anwesenden Studenten zur Rede gestellt und gab den verdeckten Einsatz zu, der sich allgemein gegen die linke Szene Heidelberg gerichtet haben soll. Das Innenministerium schwieg wochenlang. Erst Mitte Januar räumte Innenminister Heribert Rech (CDU) den Einsatz ein. Dieser sei "gegen konkrete Zielpersonen" und "zur Gefahrenabwehr bzw. zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten" erfolgt.

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23 Kommentare

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  • M
    mike

    Das bespitzeln müsste doch den hier sehr viel vertretenen Ex DDR Bürgern und Kommunismus Bejahern gefallen :) Spass beiseite.

     

    NAtürlich gehört jedwede extremistische Gruppe überwacht, ob links, rechts oder religiös

  • Q
    Querulant

    Vielleicht hofft der Staat auf eine ähnliche Erfolgsgeschichte mit Adolf Hitler als Spitzel in der DAP? Wobei, dann schicken sie ihre Leute in die falsche Gruppierung. Da wäre dann die NPD der richtige Ort der "subversiven" Unterwanderung...

  • V
    vic

    @ Mauermer

     

    nee, bei den Rechten marschiert der Verfassungsschutz gleich mit. Als Gesinnungsgenosse.

  • W
    wemsollichgaluebn

    Ulkig, dass es immer noch Leute gibt die daran glauben, dass unsere Rechtsorgane vom Souverän überwacht werden. Diese Leute sollten sich mal damit beschäftigen, was es für Folgen hat ein angeblich demokratisch legitimiertes Überwachungsgremium zu belügen oder einfach nicht zu informieren. Allein die Untersuchungsausschüsse, bei denen BND-Mitarbeiter angehört werden sollten, die dann aber unter Gedächtnisverlust litten, Redeverbot durch ihre Vorgesetzten bekamen, gelogen haben oder schlicht nicht erschienen sollten doch nun wirklich hinlänglich bekannt sein. Dass Straftaten für den Schutz von uns Bürgern von Ermittlern erst ermöglicht oder gar selber ausgeführt werden sollte ebenfalls schon lange bekannt sein und nicht erst seit der regelmäßigen Enttarnung von Zivilbeamten als Agent Provokateur bei beliebigen Demonstrationen, seit NPD-Verbotsprozeß oder seit der "Enttarnung" der vorgeblichen Sauerländer Terrorzelle, die ohne Hilfe von Nachrichtendiensten gar nicht erst hätte entstehen können. Und da haben wir noch nicht einmal die häufig aberwitzigen Umstände so manchen Bombenbaus beleuchtet.

     

    Ich kann nur noch über die auch hier wieder zur Schau gestellte regiertungsreue Naivität meiner Mitbürger lachen und mich über die an den Tag gelegte sehende Blindheit wundern. Aufregen will ich mich nicht und kotzen kann ich schon lange nicht mehr. Die letzten beiden Aktivitäten sind einfach zu destruktiv und schaden der Gesundheit. Lachen ist da viel befreihender. Es gibt einem etwas von Freiheit, welche es in diesem paranoiden System "BRD" mit seiner parlamentarischen Pseudo-Demokratie schon lange nicht mehr gibt. Wo ist nur unsere freiheitliche Grundordnung geblieben?

  • J
    jupzup

    @08.02.2011 10:56 Uhr:

    von Mauermer

     

    man sollte noch hinzufügen,

    das von den 2 Diktaturen der letzten 80 Jahre,

    nur eine einzige aufgearbeitet wurde,

    die letztere umgibt der Hauch

    eines Heiligenscheines der völligen Verklärung!

  • M
    Mauermer

    @Sahra: Genau, es geschieht auf demokratische Weise, kontrolliert von demokratischen Gremien, um sicherzustellen, dass niemals wieder menschenverachtende Ideologien hier an die Macht kommen. Zwei Diktaturen in einem Jahrhundert reichen.

  • M
    Mauermer

    Bei den Rechten sitzt der Verfassungsschutz in der Führungsetage. Da jubeln alle Linken. Aber wehe, der andere, der linke Rand der Extremen wird auch nur beobachtet. Da heulen alle sofort auf und behaupten, dies seien Stasimethoden. Gut ist es, gerade von den Rändern der Gesellschaft geht die Gefahr für unsere Gemeinschaft aus, egal ob rechts oder links. Extremismus hat in der politischen Landschaft nichts verloren. Beide Ideologien sind so ausgestaltet, dass ein wehrhafter Staat diese Lager beobachten muss, denn beide meinen, Gewalt sei Ausdruck politschen Verhaltens und haben dies auch schon zu oft unter Beweis gestellt.

  • JA
    junge aus der zone

    WIe oft muss man sich anhören das wir in einem ach so demokratischen und freien Land leben. Die Zeiten von Gestapo und Stasi sind vor bei und das totalitäre System der DDr zum Glück auch. Ist das so? Ich glaube mit dem Jahre 1989 hat sich nicht viel geändert. Also zumindest nicht zum positiven. Die Stasi heisst heute LKA/BND/Verfassungsschutz. Ich hoffe es wird bald mehr Menschen klar was hier faul ist in diesem Staat.

  • I
    Ich

    Wie gut, dass Linke nur linke Blätter lesen (können), und so nicht Foren wie die von FAZ und Süddeutscher mit kommunistischem Gedankengut verseuchen. Auch kaum besser als die andere extreme Kraft.

     

    "...die verbliebenen Ermittler abzuziehen, auch zu deren eigenem Schutz." - Das ist eine ganz klare Drohung, die eine weitere Observierung absolut gebieten. Die Autonomen in HD betreiben Sachbeschädigung und Verleumdung am laufenden Band - auch das reicht allemal, zu ermitteln.

  • H
    Hustenstorch

    Baden-Württemberg halt.

     

    Seit dem Niederknüppeln ser "Stuttgart21"-Gegner wundert mich da nix mehr.

    Jedenfalls scheint man in dem Land ein komisches Demokratie- und Freiheitsverständnis zu haben (meine damit natürlich nicht jeden, sondern die Nomenklatura) .

  • S
    Sahra

    Mißliebige Gruppen und Personen werden von Agenten des BND, des Verfassungsschutzes und der Polizei ausspioniert. Und worin besteht jetzt geau der Unterschied zu den Verhältnissen in der DDR? Ach ja, es geschieht auf demokratische Weise und natürlich im Interesse der Freiheit! kotz

  • D
    Dario

    Also erstmal ist der Einsatz von verdeckten Ermittlern in diesem Kontext schlicht und einfach ILLEGAL. Nach Rechtslage erfordert ein solcher Einsatz die Verhinderung _schwerer_ Straftaten, welche ich gerne mal sehen würde!

     

    Weiterhin finde ich unmöglich, dass die (Heidelberger) Antifa ein so radikales, systemfeindliches Image aufgedrückt bekommt! Solche _demokratischen_ Bewegungen leisten die Arbeit, die der Staat offensichtlich nicht ausreichend erledigt!

     

    Jetzt wird der Ottonormalbürger sicherlich die Radikale-Gewaltbereitsschaft-Keule schwingen, da funktioniert die Propagandamaschinerie der BRD einwandfrei. Jedoch sollte man sich mal überlegen, wie es hier ohne Antifa-Gruppen aussehen würde. Dann hätten wir 400 Nazis auf der Straße und keinen, der dagegen protestiert...

  • N
    Name!

    Die Behörden in BaWü knabbern vermutlich immer noch am Fall Michael Csaszkóczy, und versuchen mit allen Mitteln den Heidelbergern im Nachhinein noch irgendwas anzuhängen. Egal wie sinnfrei und teuer das ist.

  • S
    spin

    wen wunderts,

    denn immerhin wurden unsere geheimdienste von ex-nazi's gegründet, und viele saßen auch in unseren sogenannten volksparteien.

    das denken vererbt sich nunmal weiter, und daher ist alles was irgentwie anders ist, besonders schubladenmäßig linkes, in deren augen eine ganz ganz grosse gefahr.

    wird immer deutlich, wenn wahlen sind, bzw wenn es mal einen echten skandal gibt.

    dann wird schnell die ddr keulle herausgeholt, gerne auch von ex-ddr-merkel.

     

    popcorn.

  • D
    docvonstock

    Das sind die deutschen Tugenden: hündischer Untertanengeist gepaart mit Denunziantentum und dem voyeuristischen Zwang dem Nachbarn in die Unterhose schauen zu wollen. Der ganze demokratische Buhei ist nichts anderes als ein Feigenblatt, denn das Herz des Vergasers schlägt noch auf dem rechten Fleck.

     

    Paul Celan lässt grüßen.

  • W
    wernerinitaly

    und außerdem sollte man der geheimpolizei viel mehr rechte einräumen ... denn erst wenn sie täglich die straßen von diesen systemkritischen elementen säubert, ohne prozess so lang wie möglich wegsperrt, meinetwegen foltert, aber das natürlich nur zu erkennungsdienstlichen zwecken und keineswegs zum spaß, vor allem nicht die mädels, also das nicht, aber erst wenn das so ne weile läuft ... dann gehts uns so wie in ägypten und erst dann dann gibts ne richtige revolution. schade eigentlich.

  • P
    pablo

    lieber otto, dann hattest/hast du auch nichts gegen die stasi? die hat mit dem gleichen argument fast das gesamte volk überwacht, nur so zur vorsorge für evtl. straftaten.

  • B
    böckchen

    Mittlerweile bespitzelt und überwacht doch in diesem Land jeder jeden. Wer sich absondert scheint besonders interessant zu sein. Da reichen dann einige Gerüchtestreuer, die oft aus eigennützigen Gründen handeln und schon ist man ein Systemgegner. Solche verdreckten Ermittler gehören enttarnt.

  • S
    Spin

    "Weiter so!" meint Otto, weil die Antifa ja kein Systemfan sei. Soll man jetzt alle Überwachen, die irgendeine Kritik am Sytem haben, an Rassimus, an Nazis, an Atomkraft? Und das ist dann Demokratie? "Wo ist das Problem?" fragt Otto. Eben das ist es, das die konkrete Form der Demokratie in Deutschland: Allmacht des Staates und beifälliger Kritiklosigkeit der Untertanen.

  • N
    niemand

    Behördliche Spitzel machen es schwierig, "Fan" dieses Systems zu werden.

  • ....

    @otto: dann informier dich ma...

    allein dass du hier nur "die antifa und ihre anhänger" nennst, zeugt schon von unwissenheit. es sind auch "bürgerlichere" gruppen betroffen.

    hinzu kommt natürlich auch noch die frage: was macht dich so sicher, dass diese "spitzel" nur beobachten?

    es gibt keinerlei hinweise dazu, weder historisch noch aktuell betrachtet. weiterhin gibt es aber genügend material, welches das vorhandensein bspw von agent provocateuren belegt.

    usw usf

  • AO
    an otto

    Richtig so !

    Natürlich hat der Staat ein Recht, alle bespitzeln, die ihn nicht unterstützen. Daran ist nichts verwerfliches, sondern dass ist gut so. Wenn Menschen nicht verdeckt überwacht werden, kommt es sonnst ganz leicht zu einem Verrat am Vaterland - wie damals, bei unserer guten, alten DDR.

    Deswegen: weiter so !

  • O
    otto

    Wo ist das Problem?

    Das die Antifa und ihre Anhänger nicht gerade zu den Größen Fans unseres Systems und Landes gehören ist jawohl ein offenes Geheimnis.

    Als sollte man auf sie genauso wie auf ihre Gegner ein Auge haben!

    Ich kann da beim besten willen nix verwerfliches dran finden.

    Weiter so!