piwik no script img

VerunglimpfungTerror-Plakate gegen Politiker

In Braunschweig sind Fahndungsfotos mit dem Konterfei des umstrittenen Oberbürgermeisters Gert Hoffmann (CDU) aufgetaucht. Jetzt ermittelt der Staatsschutz.

Im BKA-Stil: Fahndungsplakat mit OB Hoffmann in der Mitte. Bild: taz

Ein Hauch der 70er Jahre geistert durch Braunschweig. In der Stadt sind Fahndungsplakate und Flugblätter im Stil der damaligen Terroristen-Hatz aufgetaucht. Sie zeigen aber nicht etwa Verena Becker, sondern Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU). Die Stadtverwaltung sprach empört von einer "Hetzkampagne gegen den OB" und vermutet einen Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen den Ausbau des Braunschweiger Flughafens. Die Flughafengegner weisen das zurück.

Unter der Zeile "Das Bundeskriminalamt bittet um ihre Mithilfe" zeigt das Plakat drei Fotos ohne Namen: in der Mitte Hoffmann, neben ihm zwei Männer, die nicht ohne weiteres zu identifizieren sind. Sie seien "dringend verdächtig, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein". Darunter steht die Nummer des BKA. Der Braunschweiger Polizei ermittelt gegen die Urheber wegen "Verunglimpfung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens", wie ein Sprecher sagte.

"Auch wenn das wahrscheinlich als Satire gemeint ist und vielleicht sogar witzig sein soll, muss man hierin eine weitere Stufe der Eskalation der Auseinandersetzungen in der Stadt sehen", kommentierte der Dezernent für Sicherheit und Ordnung, der Erste Stadtrat Carsten Lehmann. Schon mit den Demonstrationen gegen den Flughafenausbau vor den Wohnhäusern von Ratsmitgliedern sei eine bisher nicht gekannte Schärfe in der Auseinandersetzung erreicht worden.

Obwohl die Arbeiten bereits begonnen haben, geht der Kampf um den Ausbau des Flughafens in Braunschweig weiter. Ausbaugegner veranstalten regelmäßig Protestspaziergänge in dem Forst, der der Piste zum Opfer fallen soll. Kürzlich haben sie drei Larven des Eremitenkäfers aus einem Baumstumpf gezaubert, in der Hoffnung, das Vorkommen des geschützten Käfers könne den Ausbau verhindern.

Die Proteste vor den Häusern der Ratsmitglieder gegen den Flughafenausbau seien alle angemeldet gewesen, versichert die Ratsfrau Heiderose Wanzelius. "Die sollten sich nicht hinter dem Fraktionszwang verstecken dürfen." Die Flughafengegnerin gehört der aus Bürgerinitiativen hervorgegangenen Braunschweiger Liste BIBS an.

Mehrere Bürgerinitiativen haben sich dagegen verwahrt, mit dem "geschmacklosen Plakat" zu tun zu haben. "Wir weisen mit aller Entschiedenheit den Versuch des Ersten Stadtrates Lehmann zurück, die bürgerschaftlichen und zivilen Aktionen rund um den Flughafenausbau in die Nähe von abstrusen Plakaten gegen OB Hoffmann zu bringen", teilten sie mit. Lehmann solle lieber auf die BürgerInnen zugehen, statt sie in die Schmuddelecke zu stellen.

"Ich hab' das Gefühl, dieses Plakat wird eingesetzt, um uns zu diffamieren", sagt Wanzelius. In Braunschweig gebe es zurzeit eine Menge politischer Streitthemen. Niemand, den sie kenne, habe ein echtes Plakat oder Flugblatt zu Gesicht bekommen. Er sei erst durch die Pressemitteilung aus dem Rathaus darauf aufmerksam geworden, sagt Wanzelius' Fraktionskollege Peter Rosenbaum. Beide können über die Zuordnung der beiden anderen Fahndungsfotos ebenso wie die Polizei nur Vermutungen anstellen.

Außerdem finde sich auf dem Plakat ein merkwürdiger Rechtschreibfehler: An den Gesuchten sei die "meist zu weise Weste" auffallend, heißt es da. Sie sei sicher, dass das Machwerk nicht aus dem Kreis der Initiativen stamme, beteuert Wanzelius: "So ein beklopptes Plakat würde hier keiner auf die Reihe bringen."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!