… die „Bild“?: Sexualaufklärung

„Wowereit nicht mehr schwul?“, sorgte sich Bild gestern auf ihrer Titelseite. Und fügte für ihre schlecht informierten Leser die Worte „Berliner Bürgermeister“ hinzu – um peinliche Verwechslungen zu vermeiden. „Ganz Deutschland“, verwechselt sich die Bild-Redaktion dann aber mit dem Rest der Republik, „rätselt über einen Zungenkuss.“ Denn Wowereit hatte bei der Aids-Gala Désirée Nick geknutscht. Und eine Frau küssen, das macht ein Schwuler nicht, glauben die Bild-Leser – glaubt die Bild-Redaktion. Und schreitet zur aufklärerischen Tat. Denn wenn Wowereit nicht mehr schwul wäre, müsste er dann nicht zurücktreten? Weil er doch als Schwuler gewählt wurde? Nun gut, mit diesen Fragen lässt das Blatt seine Leser allein. Und verschweigt sogar, dass der Senat ganz offiziell zu diesem Thema schweigt. Was die Frage aufwerfen würde, ob da nicht ein Politikskandal durch einen Skandalkuss überdeckt werden soll. Hat etwa ein Tagesspiegel-Redakteur dem Regierenden die Dame zugeführt, um den angeschlagenen Kultursenator aus den Schlagzeilen zu nehmen? Nun, darüber kann Bild nicht aufklären. Zuvor müsste Bild erläutern, was ein Kultursenator ist. Denn Bild-Leser kennen, wie ihre Zeitung, nur eins: Themen mit Sex. „Kann ein Schwuler wieder Frauen sexuell begehren?“, fragt daher das Fachblatt einen Fachmann vom Hamburger Institut für Sexualforschung. „Das ist sehr unwahrscheinlich“, weiß der zu antworten. Und „ganz Deutschland“ – respektive die sabbernde Bild – darf sich wieder runterholen von der orgiastischen Erregung. GA LOGO: BILD