: -Trash-Crash-TV-
■ Die britische Satire-Talkshow "Full Wax", 22.30 Uhr, 3 sat
Man nehme: Einen breit ausgewalzten Talkshow-Teig, verteile drauf einen Klacks Reality-TV- Sauce, garniere das Ganze mit halbwegs frischem Gemüse aus der anglo-amerikanischen Prominentenszene und schmecke den ganzen Kram schließlich mit einer scharfen Prise schwarzen Humors ab. Nach jenem medienkritischen Fernseh-Rezept köchelte die BBC 1990 ihre 14teilige Satire-Talkshow „Full Wax“, benannt nach der dreist neugierigen Moderatorin Ruby Wax.
Konsequenterweise startet sie ihre Show in der Studio-Einbauküche, wo ihr Kogastgeber Louie Anderson einige obskure Zutaten der britischen Kochkultur durch den Mixer jagt. Der Quirl ist auch das einzige Konzept dieser amüsanten Nonsens-Sendung – besonders für diejenigen abgebrühten ZuschauerInnen, die die überdrehten US- Plapper-Talks kennen. Den anderen seien Rubys Rundumschläge als faszinierender Blick in die Fernsehzukunft und hinter die TV- Kulissen empfohlen. Sie treibt das trübe Konzept der öffentlichen Intimität schamlos schräg auf die Spitze. Der Skandal ist die Botschaft, die (An-)Spannung der eigentliche Sinn.
So muß sich Stehgreifkomödiantin Sandra Bernhard einen Modekatalog und die Frage gelassen lassen: „Du sieht nicht so aus. Ist es das, was dich so wütend macht?“ Sarah bleibt jedoch cool: „Du willst nur, daß ich dich hasse – aber ich tu's nicht.“ Danach folgt die schwangere Ruby der Amazone Grace Jones, die vor dem Toilettenspiegel kokett über ihre wilden Jahre, Schönheitsfehler und ihre für sie betenden Eltern erzählt. Gar nicht zufällig hält sich Ruby hier ein einziges Mal zurück: Grace weiß eben, wie man die perfekte Narzißmus-Performance abzieht.
Gehörig karikiert Ruby vor allem den Flachsinn inflationärer Rederunden. Sie rettet Talkshow- Teilnehmerin Dawn French vor dem Strumpfhosengalgen aus der Garderobe und versorgt sie fürsorglich mit rhetorischer Erster Hilfe: „Kennst du Prominente?“ „Hast du eine Krankheit oder macht dich etwas wütend – möglichst was Nobles, Schickes, wie das Ozonloch?“ Die nervöse Dawn wird zur virtuellen Betroffenen und puzzelt aus den Tips eine dadaistische Sprachcollage.
Via Satellit kommt aus den USA Taffy Tumer zum Einsatz – als Augenzeugen-Reporterin: als Spielsüchtige in Atlantic City oder in investigativen Berichten über Longdrinks und das Neueste aus der US-Gangsterszene. Die im untertitelten Originalton ausgestrahlten Episoden bieten eine süffisante Spurensuche nach den wahren Gründen, weshalb Fernsehen immer unerträglicher wird – ein richtig schön trivialer Crash-Kurs in Sachen Trash-TV. Dieter Deul
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