■ Mit der Raumstation Mir auf Du und Du: Neue Hoffnung
Berlin (taz) – Die Mir ist zäher als der Transrapid. Inzwischen hat sich offenbar doch ein Investor gefunden, der bereit ist, die russische Raumstation zu retten. Der in Washington lebende Unternehmer Walt Anderson hat bereits 7 Millionen Dollar (13,5 Millionen Mark) in die Weltraumruine gesteckt und will noch einmal die doppelte Summe zuschießen, um die Mir am Leben zu erhalten. Sie soll den Plänen nach Urlaubshotel für abenteuerlustige Multimillionäre werden.
Ende September noch hatte Juri Koptew, der Generaldirektor der russischen Raumfahrtbehörde, erklärt, man wolle die Mir im März endgültig zur Erde stürzen lassen. Doch nun wird voraussichtlich am 30. März eine neue Crew zur Mir fliegen und sie reparieren.
Anderson will über seine auf den Bermudas angesiedelte Holdingfirma Gold & Appel bis Ende des Monats einen Vertrag mit der russischen Mir-Betreiberfirma RKK Energia abschließen. Ziel ist die gemeinsame Gründung einer „Mir Corp. Ltd.“, die ebenfalls auf dem atlantischen Steuerparadies ansässig und für weitere Investoren offen sein soll.
Noch ist nicht sicher, ob dieser neue Rettungsversuch, dem auch die russiche Regierung zustimmen muss, Erfolg hat. Immerhin 250 Millionen Dollar jährlich verschlingt der normale Betrieb der Mir. Doch Jeffrey Manber, ehemaliger Geschäftsführer der Energia USA und designierter Chef von Mir Corp., gibt sich vorsichtig optimistisch: „Dies ist ein äußerst ernsthafter Versuch – aber die Herausforderungen vor uns sind riesig.“ Anderson hofft noch in diesem Jahr die ersten Mir-Flüge anbieten zu können. Der erste soll um die 40 Millionen Dollar kosten, jeder weitere um die 20 bis 25 Millionen.
Die Mir ist seit 1986 im All und war eigentlich nur für eine Lebensdauer von fünf Jahren konstruiert worden. Die Hülle korrodiert, an vielen Stellen ermüdet das Metall. Zur Zeit verliert die Mir langsam ihre Luft: Sie verliert täglich bis zu 1 Hektopascal an Druck. Zur Zeit beträgt der Druck in der Kapsel nur noch 779 Hektopascal, etwas mehr als drei Viertel des normalen Luftdruckes auf der Erde. Es gibt also einiges zu flicken.
Anderson stellt die Sache etwas simpler dar: „Ja, die Mir ist alt und hat ein paar Probleme – so wie in jedem alten Gebäude“, sagt der Weltrauminvestor. „Aber du reißt doch kein Haus ab, nur weil die Heizung zu schwach ist und die Klimaanlage Probleme macht: Du renovierst es.“ So spricht ein amerikanischer Unternehmer. Manber hingegen räumt ein: Ob es möglich sei, die Mir zu reparieren, sei „eine sehr große Unbekannte“.
Der 46-jährige Anderson unternimmt die Investition nicht ohne einen gewissen Vergnügungssinn, will er doch selbst zu den ersten Privatleuten gehören, die ins Weltall fliegen. Der Unternehmer machte sein Geld vor allem in Telekommunikation und sitzt im Vorstand von Rotary Rocket, die das erste bemannte kommerzielle Raumschiff bauen will.
Matthias Urbach
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