… KIRSTEN HARMS? : Abtreten
Böse Zungen behaupten, die einzige bleibende Erinnerung an Kirsten Harms (54) werde sein, dass sie gerne Weiß trug. Das ist natürlich fies gemeint, auch wenn Harms sich gern selbst so inszenierte: engelhaft in Weiß gekleidet, eine Lichtgestalt, eine Fee. Ein gute? Wohl kaum.
Es passt ganz gut, dass es augenblicklich düsterer auf der Bühne der Deutschen Oper zugeht. Seit Sonntag wird „Macbeth“ von Giuseppe Verdi gegeben, unter der Regie des Kanadiers Robert Carsen. Es ist ein Macbeth voll dunkler Anspielungen auf den Karpatentyrannen Nicolae Ceausescu. Und es ist die letzte Aufführung für Kirsten Harms als Intendantin an der Bismarckstraße. Sie räumt jetzt ihren Schreibtisch – nach einer bitteren Zeit. Leider wird das, was danach kommt, erst einmal nicht weniger düster sein. Wohl auch darum hat das Publikum Harms’ Abschluss-Macbeth, der gar nicht übel ist, gefeiert.
Als Harms im vergangenen Jahr ankündigte, die Deutsche Oper zu verlassen, wurde dies von nicht wenigen mit Erleichterung aufgenommen. Besonders Berlins Kultursenator Klaus Wowereit war froh, die Intendantin nicht eigenhändig rauswerfen zu müssen. Überzeugt von ihrer Arbeit war er nie, am größten Opernhaus Berlins mit 2.000 Plätzen knirschte es ständig. Die Besucherzahlen und Erfolge unter ihrer Regie seit 2004 hielten sich in Grenzen.
Als Harms antrat, hofften viele Opernfans auf eine neue Zeitrechnung und frischen Westwind an der Bismarckstraße. Doch der sackte bald zu Flaute ab, Ungeschicktes, ja Skandalöses kam hinzu. Und Harms hatte Pech. Kaum war sie da, wurde das Orchester zurückgestuft, Generalmusikdirektor Christian Thielemann schmiss hin. Der von Harms geholte Generalmusikdirektor Renato Palumbo leistete sich ein musikalisches Debakel nach dem anderen. Die Verpflichtung junger Talente wie die von Alexander von Pfeil als Chefregisseur schlug nicht an. Einzig die Bestellung eines neuen Chorleiters war ein Treffer, das wird heute vergessen.
Dass Harms ausgerechnet bei einer Regiearbeit des alten Opernprofis und Aufklärers Hans Neuenfels 2007 patzte, war der Anfang vom Ende: Erst hatte die Intendantin die Mozart-Oper „Idomeneo“ nach der vermeintlichen Bombendrohung von Islamisten abgesetzt. Dann kam heraus, dass sie die Verantwortung zu spät an die Behörden delegiert hatte. Als sie das Stück protestbedingt wieder eilig auf den Spielplan gesetzt hatte, mussten Operngäste das Foyer unter Polizeischutz betreten.
Als hinzu kam, dass Harms mit eigenen Arbeiten wie „Germania“ wenig Glück hatte, wurde sie quasi fallen gelassen – obwohl sich daran die erfolgreicheren Zeiten anschlossen. Zu spät für Harms.
Für die Spielzeit 2011/12 hat die Deutsche Oper keine neue Intendanz, es entsteht ein Vakuum. Erst in der Spielzeit 2012/13 wird Dietmar Schwarz aus Basel den Platz auf einem beliebten Berliner Schleudersitz einnehmen.ROLA Foto: reuters