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… Helga Schmidt?

Gewinnen

Allein 72-mal steht Helga Schmidt im Telefonbuch. Dabei sind nur die mit „dt“ am Ende gezählt. Ein Name ist das, der nicht fürs Besondere gemacht ist. Dennoch: Bei einer von ihnen wurde die Tristesse nun durchbrochen. Sie ist Siegerin geworden. Ein „anonym operierendes Testteam“ hat sie an ihrem Arbeitsplatz in der Hafenbar besucht. Ihr Auftreten und die Sorgfalt, mit der sie den ihr anvertrauten Bereich betreut, wurden inspiziert. Dabei wurden vor allem ihr „Service“, ihre Kundenfreundlichkeit, Flexibilität und Hygiene“ unter die Lupe genommen. Weitere Wertungskriterien waren „Orginalität und Humor“, denn sie steht im Job in direktem Kontakt mit Menschen. Da kann ein freundliches Wort Wunder wirken. Summa sumarum: Helga Schmidt wurde zur „Toilettenfrau des Jahres 2002“ gekürt.

Toilettenfrau ist Schmidts vierter Beruf, in dem die 63-Jährige nun also hervorragende Leistungen erbringt. Davor war die in Pankow geborene Frau Gemüseverkäuferin, Erzieherin und Altenpflegerin. Außerdem bringt sie Erfahrungen im Bereich Arbeitslosigkeit und Mutterschaft mit. Ein Mann findet in ihrem Lebenslauf jedoch keine Erwähung. Seit drei Jahren jobbt die Nachtschwärmerin als Klofrau in der Hafenbar, um sich die Rente aufzubessern. Und hier endlich wird ihr beruflicher Einsatz gewürdigt. Der Pokal – eine Klobürste – wird ihr am 27. April überreicht. Sofern Frauensenator Gregor Gysi ein Herz für den niederen Stand hat, wird er die Laudatio bei der Siegerehrung halten. WSFOTO: PRIVAT

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