… DIE KUNSTHALLE? : Langsam weichen
Irgendwie gehörte er bereits zum Panorama, der weiße Würfel auf der Schlossfreiheit. Nun wird das Provisorium, das zwei Jahre lang als „Temporäre Kunsthalle“ die Stadtmitte zierte, in seine Einzelteile zerlegt und wieder dahin geschickt, wo es herkommt. Der von dem Wiener Architekten Adolf Krischanitz entworfene Bau wird derzeit in Koffer verpackt und soll dann in Wien wieder aufgebaut werden. Unter dem sperrigen Namen „Thyssen-Bornemisza Art (Con)Temporary“ wird es der Thyssen-Bornemisza-Stiftung fünf Jahre lang als Projekt- und Ausstellungsraum dienen.
In Berlin stand der – innen überraschend geräumige – Kunstwürfel nur zwei Jahre. Unter dem ambitionierten Namen „White Cube Berlin“ gestartet, schloss er im September 2010 ganz bescheiden als „Temporäre Kunsthalle Berlin“ seine Pforten. Dazwischen gab es eine knapp abgewendete Pleite, viel Streit und einen kompletten Austausch des Leitungs- und Kuratorenteams. Aber auch acht Ausstellungen mit zweihunderttausend Besuchern. Immerhin.
Die seit einer geglückten Schau in der Ruine des Palasts der Republik umhergeisternde Sehnsucht nach einem Ort für wilde, frische Kunst hat der pragmatische Kubus nicht bedienen können, aber er bot einen Anlass, sich hin und wieder auf die Dauerbaustelle Schlossplatz zu begeben. Dass die Kunsthalle seit September offiziell tot ist, ihre Hülle aber immer noch, gegen wilde Guerillakünstler bewacht, herumsteht, ist kein rühmliches Ende. Aber eben auch typisch für privat finanzierte Kultur: Erst wenn es einen Käufer gibt, kann eingepackt werden.
Jetzt, wo Wien sich das Ding leisten will, geht alles ganz schnell: Im Februar soll die Bahn frei sein für den Bau des U-Bahnhofs Museumsinsel. Nun gibt es am Schlossplatz nur noch Bagger, ausgegrabene Schlosskeller – und die hässliche, unaufhaltsam wachsende „Humboldt-Box“ zu sehen. Ohne Kunst ist es auch nicht schöner. API Foto: ap