… DER BERLINER SINGVOGEL? : Von einer Epidemie bedroht sein
Anfang Mai ging es los. Zuerst erwischte es einen, bald mehrere und später eine ganze Reihe der kleinen gemusterten Singvögel. Buch- und Grünfinken sind dabei ebenso betroffen wie Elstern, Spatzen und Kernbeißer. Sie alle sucht derselbe Infekt heim: ein Einzeller namens Trichomonas gallinae.
Der Infekt führt zu Entzündungen im Hals- und Rachenraum bei den Tieren, sie können weder fressen noch trinken und sterben innerhalb weniger Tage. „Es ist das erste infektiöse Massensterben von Wildvögeln, das weite Bereiche der Bundesrepublik betrifft“, sagt Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbundes Nabu. In Berlin seien mit die meisten toten Vögel zu beklagen. Bundesweit liegen die Schätzungen bei mehreren zehntausend verendeten Tieren, in Berlin allein bei mehreren hundert Grünfinken.
Der Nabu hat mittlerweile dazu aufgerufen, kranke oder tote Vögel zu melden – und dabei gleich eine Lücke bei der Umweltüberwachung gefunden. In vielen Fällen sei unklar, wer für die Beobachtung und Auswertung von Krankheitserregern bei Wildvögeln zuständig sei, kritisieren die Naturschützer. Vereinzelt würden Untersuchungen von Tieren aus Kostengründen abgelehnt.
Schuld an der Verbreitung der Seuche ist – zumindest unter anderem – der Mensch. Wer Vögel füttert oder ihnen Wasser in Tränken bereitstellt, begünstigt eine Ausbreitung des Erregers. Denn der überlebt rund 24 Stunden und wird über den Schnabel weitergegeben. An Futterstellen besteht also höchste Ansteckungsgefahr für die Tiere. Wenn sie sich dagegen ihr Futter selbst suchen, ist die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung deutlich geringer. SVE