… DER BERLINER FUSSBALLVERBAND? : Eltern auf Abstand halten
Spaß muss sein – vor allem beim Kinderfußball. Mit dieser Devise nimmt es der Berliner Fußball-Verband (BFV) sehr ernst. Und deshalb wurde mit Beginn dieser Saison die Jugendordnung, ein sowieso schon reichhaltiges Regelwerk, erweitert. Um genau zu sein: der Paragraf 13 wurde um den Punkt 26 (!) ergänzt. Sofern für die Zuschauer keine Barrieren vorhanden seien, heißt es da, „muss ein Abstand von mindestens drei Metern zum Kleinfeld eingehalten werden (Fanzone)“. Es wäre ja auch gelacht, wenn der BFV das mit dem Spaß nicht geregelt bekäme.
Zu oft haben die Eltern in der Vergangenheit jegliche Contenance verloren und teilweise gar auf dem Spielfeld gestanden, um sich mit ihren Anweisungen Gehör zu verschaffen. Zuweilen wurden auch die Schiedsrichter hautnah wegen vermeintlicher Fehlentscheidungen verbal angegangen. „Die Anleitung der Kinder ist Aufgabe der Trainer“, stellt Andreas Kupper, der Vorsitzende des Jugendausschusses vom BFV, klar. Die elterlichen Interventionen seien nicht förderlich für die Spielatmosphäre. Den Kindern würde so der Spaß am Fußball abhandenkommen. Die Eltern der sechs- bis zwölfjährigen Fußballspieler werden also von nun an in Berlin in die „Fanzone“ verwiesen. Ein Wort, das man unwillkürlich mit dem von Randalen heimgesuchten Profifußball verbindet. Welche Sanktionen erfolgen, falls der neuen Regel nicht Folge geleistet wird – darüber gibt die Jugendordnung des BFV noch keine Auskunft. Eine Lücke, die womöglich bald durch Paragraf 13 Punkt 27 geschlossen wird.
Der Versuch, das Sozialverhalten der Eltern über eine derartige Ausdehnung der Paragrafenordnung zu regulieren, mutet hilflos an. Denn auch fünfeinhalb Meter Abstand würden nicht ausreichen, um die Kinder vor den mitunter überehrgeizigen Eltern zu schützen. Dafür brüllen sie einfach zu laut. Aber der BFV hat offenbar jegliche Hoffnung verloren, einen Prozess der Selbsteinsicht bei den Eltern in Gang setzen zu können. Dieser Umstand wird besonders gut von einer weiteren Neuerung illustriert, die der Verband zu dieser Saison eingeführt hat: Bei den 6- bis 8-Jährigen wird nun ohne Schiedsrichter gespielt. Die Kinder sollen sich im Sinne des Fairplay-Gedankens selbstständig einigen. Denen wird das zugetraut.
JOHANNES KOPP Foto: dpa