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Archiv-Artikel

… DAS TACHELES? Räumungsroutinen durchleben

Von KO

Einsam stehen die schiefen Bretterbuden der letzten Metallkünstler auf dem Hinterhof des Tacheles, umzäunt inmitten einer Staubbrache. Noch unberührt von Touristen. Bis drei Polizeiwannen heranzuckeln. Räumung, sagen die Beamten. Mal wieder. Diesmal betrifft es den Verschlag von Metallbildhauer Hakan Özata. Der, sagen die Uniformierten, habe sich gegen Abfindung damit einverstanden erklärt.

Seit Wochen geht das so. Erst verließ Anfang April die Gastro-Fraktion für 1 Million Euro das zwangsverwaltete Kunsthaus. Dann ließen sich nach und nach Künstler vom Hinterhof rauskaufen, stets bezahlt von einem Anwalt, der geheimnisschwanger von einem „anonymen Kaufinteressenten“ raunt. Und dessen bullige Securities mit jeder geräumten Bude den Zaun enger ums Hüttendorf ziehen.

Am Mittwoch aber wehren sich die Künstler tapfer. Die Hütte gehöre gar nicht nur Özata, protestieren sie. Andere setzen unbeeindruckt ihre Arbeit fort. Man kennt das Prozedere. Überhaupt gehöre hier alles allen, sagen sie. Und wo bitte sei der Räumungsbescheid? Die Polizei zieht sich zurück, berät, Beamte gähnen. Die Touris sind aufgetaucht, machen Fotos von den Rostskulpturen und den Polizisten. Und ziehen weiter.

„Das ist jetzt hoffentlich das letzte Mal“, stöhnt Metallkünstler Imdat Ucar. Immer wieder habe man sich versichert, dass sich keiner mehr auszahlen lasse. Dann sei der Nächste gegangen. Fünf Künstler hätten jetzt den Hof verlassen, zählt Ucar. Blieben noch 15. „Wie soll man da Kunst machen?“

Diesmal gewinnt der Hinterhof. Am Mittag ziehen die Polizeiwagen ab – ohne Räumung. Über den Sieg freut sich keiner mehr. Irgendwas sagt Ucar, dass die Beamten bald wiederauftauchen. Und dass wieder keiner kommt, um dagegen zu protestieren. „Es ist“, sagt Ucar, „als gäbe es das Tacheles heut schon nicht mehr.“ KO Foto: dapd