Deutsche Telekom und Youtube: Datenstau bei Videos
Lange Ladezeiten, nervtötendes Nachladen: Youtube-Nutzer beschweren sich über schlechte Qualität der Videos und vermuten die Telekom als Grund.
"Leute, was bin ich genervt. Youtube macht keinen Spaß", schrieb Carsten Knobloch in der vergangenen Woche in seinem Weblog. "Kurioserweise habe ich dies nur festgestellt, wenn ich mit der Telekom unterwegs bin."
Mit dem Eintrag traf er den Nerv vieler anderer Surfer, die sich ebenfalls beschweren, darunter viele Telekom-Kunden. Aber auch die Kunden anderer Provider klagen über lange Ladezeiten und nervtötendes Nachladen der Videos. Ob jemand nur eine DSL-Leitung mit 3 Megabit oder einen VDSL-Anschluss mit 50 Megabit hat, spielt dabei keine Rolle.
Schnell schwappte eine Verschwörungstheorie durch das Netz: Die Telekom verlangsamt Youtube-Videos gezielt, um Google zu erpressen. Denn seit Jahren tobt zwischen Providern und Netzkonzernen der Streit um die "Netzneutralität". Die Provider, die Kabel bis zum Endkunden legen, wollen die Konzerne an den Milliarden-Kosten beteiligen, die beim Ausbau der Netze entstehen.
Genährt werden die Gerüchte auch von einem Blogbeitrag der Telekom, in dem ein Sprecher Besserung verspricht, gleichzeitig aber die Einführung von "Leistungsklassen" befürwortet. Das heißt: Google soll der Telekom Geld zahlen, damit die Videos in voller Geschwindigkeit übertragen werden.
Telekom: Keine Verlangsamung
"Es wäre ein Hammer, wenn die Deutsche Telekom die Netzneutralität so umgehen würde", sagt Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco. Gleichzeitig betont er aber, dass solche Engpässe viele Ursachen haben können. Generell hätten Provider in Deutschland keine Probleme, Youtube-Videos in voller Geschwindigkeit zum Kunden zu bringen.
Telekom-Sprecher Philip Blank schließt auf Anfrage der taz jedes faule Spiel aus: "Die Telekom unternimmt nichts, um Youtube-Videos zu verlangsamen." Dass die Datenübertragung bei Youtube derzeit teilweise so langsam sei, liege am enorm gestiegenen Traffic, der von der Videoplattform kommt. In der Tat: zum sechsten Geburtstag hat die Videobörse neue Statistiken veröffentlicht. Allein im vergangenen Jahr steigerte Youtube die Anzahl der gezeigten Videos um 50 Prozent, drei Millarden Videos am Tag flimmern nun über die Computerbildschirme weltweit.
Auch wenn mittlerweile Bandbreiten von 50 Megabit pro Sekunde und mehr an Endkunden verkauft werden – nur in den seltensten Fällen können Daten von einer Quelle tatsächlich mit dieser Geschwindigkeit übertragen werden. Nicht nur die Server sind gegebenenfalls durch viele Nachfragen ausgelastet, auch die Übertragungswege bremsen den Datenstrom aus. Besonders wenn Datenpakete auf dem Weg zum Endkunden über 10 und mehr Stationen weitergereicht werden müssen. Deshalb setzen Multimedia-Anbieter auf "Content Delivery Networks", die möglichst dicht beim Kunden angesiedelt sind. So müssen sie die Daten nicht quer durch die Welt schicken, das spart Zeit und Kosten.
Telekom will Flaschenhals beseitigen
"Der Flaschenhals bei der Youtube-Übertragung liegt bei der Netzzusammenschaltung mit Google", erklärt Blank. Im Gegensatz zu anderen Anbietern hat Google ein weltweites Netz von Rechenzentren und Traffic-Knoten, die Angebote wie Youtube möglichst nahe zum Kunden bringen. Dabei kooperiert der Konzern auch direkt mit einigen Providern. "Die Kapazitäten der Ports, über die der Netzzusammenschluss läuft, werden derzeit verdreifacht", versichert Blank. Noch in den kommenden Wochen soll dies geschehen. Youtube-Videos sollten also bald wieder ohne Probleme laufen.
Wie lange die versprochene Verdreifachung ausreicht, steht aber in den Sternen. Mittlerweile werden immer mehr Fernseher ausgeliefert, die nicht nur normale Fernsehkanäle, sondern auch Youtube-Videos abspielen. Hinzu kommt, dass immer mehr Videos in hoher Auflösung oder sogar in 3-D angeboten werden. So ist es vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis sich die Kunden wieder beklagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen