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reisen in die zivilgesellschaft

5. - 12. Oktober 2025

Rom

  • Stadtspaziergänge in Trastevere – Esquilino – San Lorenzo – Testaccio – Tor Pignattara – Trullo
  • 1.680 € (DZ/HP/ohne Anreise)
  • Reiseveranstalter: Via Cultus Studienreisen, Karlsruhe

mit Marina Collaci und Michael Braun (taz Italien-Korrespondent)

Eine Reise in das lebendige, das bunte Rom; wir besuchen das Rom der Widerspenstigen und Freigeister, der Ungehorsamen, Orte des Alltags aus dem Blickwinkel zivilgesellschaftlicher Initiativen.

Rom war immer eine Stadt der Macht und der Mächtigen – das ist die einzige Konstante in 2800 Jahren einer höchst wechselvollen Geschichte der Stadt: erst unter den antiken Königen, Konsuln, Kaisern als „Caput mundi“, als pulsierende „Hauptstadt der Welt“, dann unter Päpsten und Prälaten als Zentrum der katholischen Weltkirche und schließlich, seit der nationalen Einigung des Landes, von 1870 an als Kapitale Italiens. Doch bei dieser Reise interessieren wir uns für die Kehrseiten der Macht.

Programm

Ob das Kolosseum oder der Petersdom, ob die Kaiserforen oder das Pantheon, ob die Spanische Treppe oder der Trevibrunnen – die prächtigen, Stein gewordenen Monumente der Machtentfaltung ziehen Jahr für Jahr Millionen Besucher an. Auch unsere Reise beginnt mit einem ausführlichen Spaziergang im Zentrum Roms, im Rom der Macht – man wird diese Prachtseite Roms als Besucher ja nicht ignorieren wollen.

Doch neben dem Rom der Mächtigen gibt es auch seit je das Rom der Machtlosen, ob es nun die Plebejer in der Antike waren, das Popolino, das Volk der kleinen Leute unter den Päpsten oder auch jene von Pier Paolo Pasolini eindringlich beschriebenen Bewohner der Borgate, der elenden Barackenstädte, die in den 50er und 60er Jahren aus dem Boden geschossen waren.

Es ist dieses andere Rom, das Rom der scheinbar Machtlosen, aber auch der Widerständigen, das wir kennenlernen wollen. Es ist die Stadt auch der Freigeister wie Antonio Gramsci, die auf dem „Nichtkatholischen Friedhof“ ruhen, die Stadt der „sprechenden Statuen“, auf die die Gegner der Papstherrschaft schon vor 500 Jahren ihre antiklerikalen Spottverse hefteten, die Stadt der Jüdinnen und Juden, die hier seit mehr als 2000 Jahren an ihrem Glauben festhalten, auch wenn sie von der Kirche drangsaliert, schikaniert und seit 1555 ins Ghetto gesperrt wurden, die Stadt schließlich derer, die sich von 1943 an der Resistenza anschlossen, um gegen die Nazi-Besatzer und ihre faschistischen Komplizen zu kämpfen (unser Thema beim Besuch der Gedenkstätte „Fosse Ardeatine“).

Ein Weg von Wiesen gesäumt, am Rand Pinien, auf dem Weg ein Fahrradfahrer und ein sich umarmendes Paar.
Via Appia Antica Foto: Archiv

Und dieses „ungehorsame“ Rom ist auch heute noch lebendig – doch um es zu entdecken, muss man die üblichen touristischen Pfade verlassen. Nur noch etwa 165.000 der knapp 3 Millionen Einwohner*innen leben heute noch im engeren Stadtkern, auch heute noch Ort der politischen und der geistlichen Macht und zugleich ein prächtiges Freilichtmuseum.

Doch der Alltag der Römer*innen spielt sich fernab von den antiken Ruinen, den barocken Kirchen und Palazzi des Stadtzentrums ab, in vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Boden gestampften, chaotisch gewachsenen Vierteln, in denen wenig zu spüren ist von der glorreichen Vergangenheit der Ewigen Stadt, viel aber von einer Gegenwart, die für die dort lebenden Menschen die Härten des Lebens in der Metropole bereithält.

Armut, Arbeitslosigkeit, dramatischer Wohnungsmangel – alle diese Nöte finden völlig unzureichende Antworten vom Staat, von der Stadt. Doch dutzende Initiativen in Rom suchen gegenzusteuern, von unten. Völlig auf sich gestellt ist zum Beispiel „Baobab Experience“ unterwegs, kümmert sich um die Aufnahme, die Verköstigung, die Betreuung von Migrant*innen.

Die Piazza Sant'Egidio in Trastevere mit dem Sitz der katholischen Laiengemeinschaft gleichen Namens: Sant’Egidio und der Trattoria degli amici

In einem seit mehreren Jahren anhaltenden Katz- und Maus-Spiel ist Baobab Experience immer wieder konfrontiert mit der Polizei, die alle paar Wochen anrückt, um „missbräuchlich“ aufgestellte Zelte zu konfiszieren, und schikaniert auch von der Justiz, die den Gründer der Initiative vor Gericht zerrte, wegen angeblicher Begünstigung illegaler Einwanderung – der Prozess endete mit einem Freispruch.

Migrantinnen genauso wie alteingesessene, einkommenslose Römerinnen erfahren gelebte Solidarität auch bei der Laiengemeinschaft Sant’Egidio, die sich selbst als „die 68er der katholischen Kirche“ bezeichnet und die in Trastevere nicht nur ihre „Mensa per i poveri“, ihre „Armenküche“ betreibt, sondern auch mit Sprachkursen, mit Beratung, mit Eingliederungsprojekten aktiv ist.

Migrantinnen an der Seite von Römerinnen finden sich auch immer wieder in den Initiativen gegen die Wohnungsnot in der Stadt. Seit nunmehr 50 Jahren gibt es eine breite Hausbesetzerszene, die aber – anders als in Deutschland – weniger in studentischen als in proletarischen Milieus wurzelte. Zum Beispiel ist „Spin Time" ein alternatives Wohnprojekt und soziokulturelles Zentrum mit vielfältigen Aktivitäten im ehemaligen Verwaltungsgebäude des INPDAP (Nationale Rentenkasse), das nach jahrelangem Leerstand 2013 von "Action - rights in movement" besetzt wurde.

Um eine andere Art zu wohnen und zu leben geht es auch den Bewohner*innen des Corviale, eines 1984 fertiggestellten, fast einen Kilometer langen Architekturmonsters am südlichen Stadtrand. Entsprungen war der Corviale einer architektonischen Utopie, die Läden ebenso wie von der Gemeinschaft gemeinsam genutzte Räume vorsah – doch diese Utopie wurde nie Wirklichkeit.

Das Internationale Frauenhaus in Trastevere befindet sich in einem ehemaligen Nonnenkloster

Ein alternativer Geist weht auch im Fitnesscenter Palestra Popolare im alten Volks- und heutigen Univiertel San Lorenzo – da geht es beim Boxen oder beim Karate genauso wenig um Selbstoptimierung im Geist gängiger Marktlogik wie beim Calcio Popolare, dem außerhalb des offiziellen Ligasystems organisierten Fußball, sondern darum, „mit Muskeln und Kopf Widerstand zu leisten“, und die Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen trainieren hier gratis.

Im Stadtviertel Trastevere besuchen wir die Casa internazionale delle donne in einem ehemaligen Nonnenkloster. Früher wurden die „bösen Mädchen“ zur Umerziehung in das Nonnenkloster aus dem 17. Jahrhundert in der Via della Lungara geschickt. In den späten 1970er Jahren, als es aufgegeben wurde, wurde das Kloster symbolisch von Feministinnen besetzt und beherbergt heute das Internationale Frauenhaus. In diesem imposanten Gebäude, das auch ein Gästehaus und ein ausgezeichnetes Restaurant im Kreuzgang beherbergt, haben zahlreiche Vereine ihren Sitz. Hier finden kulturelle Veranstaltungen, Konferenzen und Initiativen statt, die der Öffentlichkeit zugänglich sind.

Auf der anderen Straßenseite befindet sich die Villa Farnesina, die Villa des Bankiers Agostino Chigi aus dem 16. Jahrhundert, die von Raffael und dem Architekten der Villa, Baldassarre Peruzzi, mit Fresken ausgestattet wurde. Eine Kuriosität: Während der Plünderung Roms 1527 wurde die Villa von Landsknechten besetzt, und vor kurzem wurden Graffiti in deutscher Sprache aus dieser Zeit gefunden. Bei den jüngsten Restaurierungsarbeiten kam zwischen den Säulen eine sarkastische Inschrift in deutscher Sprache aus dem Jahr 1528 zum Vorschein, die lautet: „Warum soll ich, ein Schriftsteller, nicht lachen: die Landsknechte haben den Papst in die Flucht geschlagen“.

Eine bunt bemalte Brücke
'Wer Samen in den Wind streut, wird den Himmel zum Blühen bringen' - Wandgedicht in Trullo Foto: Marina Collaci

Das Stadtviertel Trullo ist eines der schönsten Beispiele für diese weltberühmte Stadt mit all‘ ihren Ecken, die dennoch den meisten Tourist*innen unbekannt bleiben: eine klassische und doch farbenträchtige Borgata, dank der dutzenden Murales, die heute die Wohnblöcke schmücken, und eine Borgata voller Poesie im wahrsten Sinne des Wortes, dank der unzähligen Gedichte auf den Fassaden wie auf den Rollläden der Geschäfte im Viertel.

Mit unserem Besuch in Trullo, einem Beispiel für die Wiederaneignung eines Viertels durch die Bürger*innen, beenden wir unsere Reise in das etwas andere Rom.

Reiseleitung: Marina Collaci

Journalistin u.a. für WDR und das deutsch-italienische Monats- magazin 'Adesso'

in Kooperation mit: Michael Braun

Freier Journalist, taz-Italien-Korrespondent seit 2000, Mitarbeiter der FES in Rom

Bitte buchen Sie die Reise direkt beim Reiseveranstalter

Die Reise kann nur beim Veranstalter gebucht werden, auch wenn sie auf dessen Website nicht aufgeführt ist.