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21.02.2019 , 13:23 Uhr
Sehr geehrte Frau Aydemir, Heimat ist kein ausschließender Begriff und auch kein einschließender. Heimat ist überhaupt gar keine durch irgendeine Sachlogik definierte Begrifflichkeit. Es ist ein Ausdruck der deutschen Sprache, der sich im Laufe der Jahrzehnte veränderte. Das ursprünglich emotionslose Wort bezeichnete Geburtsort, Wohnort und Herkunftsland, Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es mit Gefühlen aufgeladen, vornehmlich durch die Lyrik Hölderlins und durch die Romantiker. Heimat stand selten im Singular, fast immer hatte man mehrere Heimaten, so gab es die physische Heimat und die geistige Heimat. Mitte des 19. Jahrhunderts, im Laufe der in Deutschland scheiternden demokratischen Kämpfe, wurde Heimat als Sehnsuchtsort beschworen von den Exilanten und Vertriebenen, so von Heinrich Heine um 1840. Hundert Jahre später – traumatisiert von den Gewaltexzessen und Vertreibungen der Nazis – schrieb der Auschwitz-Überlebende Jean Améry seinen Essai „Wieviel Heimat braucht der Mensch?“ Darin der folgende Satz, liebe Frau Aydemir, „Man muss Heimat haben, um sie nicht nötig zu haben“. Es gibt Wörter, die wir ein für alle Mal nicht mehr verwenden können, Volksgemeinschaft, Völkisch, arisch, Untermensch oder Rasse (auf Menschen bezogen). Wir können problemlos auf diese Vokabeln verzichten, aber nicht auf das Wort Heimat. Jean Améry war kein verspäteter Nachzügler der Blut-und Boden Theorie, er kämpfte noch 20 Jahre nach dem physischen Überleben ums psychische Überleben. Er hat den sicheren Blick dafür, was verloren geht, wenn man Dinge unnötig preisgibt. Heimat überschreibt ein weitflächiges Wortfeld: Heimatlosigkeit, Heimatlos-Sein, Heimweh, Hinausweh, treu, trauen, zutrauen, anvertrauen…. Gibt man das eine her, gibt man auch das andere weg. Noch mal Jean Améry und sein Schlußplädoyer: „Was bleibt ist die nüchterne Feststellung : Es ist nicht gut keine Heimat zu haben.“
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