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05.02.2019 , 13:23 Uhr
@Age Krüger: Die Akzeptanz seiner selbst ist nicht nur bei Autismus wichtig sondern auch zum Beispiel bei psychischen Krankheiten.
Asperger ist keine "psychische Auffälligkeit", Asperger definiert sich unter anderem durch die eingeschränkte Fähigkeit nonverbale Signale (Gestik, Mimik, Blickkontakt) wahrzunehmen, zu mentalisieren, solche zu spiegeln und solche auch selbst aktiv auszusenden. Die Fähigkeiten im Bereich der sozialen Interaktion ist zumindest eingeschränkt, Menschen mit Asperger werden eher als sozial ungeschickt agierend wahrgenommen, auch, weil sie brutal ehrlich ohne Rücksicht auf Gefühle anderer sein können. Ein weiterer wesentlicher Punkt bei Asperger ist die verstärkte und/oder gedämpfte Wahrnehmung von Sinnesreizen (Licht, Geräusche, Gerüche, Berührungen, Temperaturen) bei der gleichzeitig eingeschränkten Fähigkeit, diese Reize automatisch schon im Unterbewusstsein filtern zu können. Man spricht dann im Extremfall von einer Reizüberflutung oder Overload, der bis zum Meltdown reichen kann.
Bezüglich den Tests... Diese sind oft Selbsttests, bekannt sind unter anderem ADOS oder der Autismusquotient (AQ). Wenn es nach dem AQ-Test ginge, hätte ich mit 46-47 von möglichen 50 Punkten bei der Autismusdiagnostik wohl nicht nur eine "leichte Ausprägung" diagnostiziert bekommen. Ab 32 Punkten wird man für die Diagnostik zumindest interessant. Dies ist der sogenannte Cut-Off-Wert. Solche Tests sind gut, um einen Anfangsverdacht bestätigt zu bekommen und damit eine ordentliche Diagnostik anzustreben, für sich alleine genommen sagen diese Tests allerdings nichts aus. Ich durfte in den letzten Jahren schon mehrere Personen über das Internet begleiten, bei denen die Testresultate über dem Cut-Off lagen. Nur die wenigsten erhielten jedoch eine Diagnose aus dem Autismusspektrum. Manche psychische Krankheiten (Sozialphobie, posttraumatische Belastungsstörung, diverse Persönlichkeitsstörungen) zeigen Überschneidungen zum Autismusspektrum.
zum Beitrag05.02.2019 , 11:56 Uhr
@Uli Herrmann: ich bin selbst von Asperger betroffen und stehe über entsprechende Foren und Selbsthilfegruppen in Kontakt zu anderen Menschen mit Asperger. Ich kenne niemanden, der sein Asperger als Gewinn bezeichnen oder empfinden würde. Teilaspekte von Asperger können sehr hilfreich und für einen Gewinn sein, aber unter dem Strich sieht "Gewinn" doch anders aus.
Die Einschränkungen durch Asperger und die Gesellschaft und ihre ungeschriebenen sozialen Normen und Regeln, die Reizüberflutung und andere Dinge führen oft dazu, das man sehr oft an sein Asperger erinnert und durch ihn auch ein Stück weit limitiert wird.
Wohl aber muss Asperger nicht nur im negativen Kontext betrachtet werden, Menschen mit Asperger weisen oft Fähigkeiten und Charaktereigenschaften auf, die sie sehr wertvoll für die Gesellschaft machen. Wer die Suchmaschine bemühen will, wird mit dem Suchbegriff "50 positive eigenschaften asperger" fündig werden. Nicht alle genannten Punkte müssen auf jeden mit Asperger zutreffen, jedoch ist die Häufigkeit der genannten Charaktereigenschaften bei Menschen mit Asperger signifikant hoch.
zum Beitrag02.02.2019 , 06:41 Uhr
Autismus und Asperger als Teil des Spektrums können eine Behinderung darstellen.
Es sind eben nicht nur Regeln, genauer diese vielen ungeschriebenen sozialen Regeln und Normen, die zum Problem werden können.
Menschen mit Asperger haben oft Probleme in der sozialen Interaktion. Oft haben sie auch eine sehr stark ausgeprägte, manchmal auch eine stark reduzierte, Wahrnehmung von Sinnesreizen bei gleichzeitiger Einschränkung bis Unvermögen, diese Sinnesreize schon im Unterbewusstsein quasi "automatisch" wegzufiltern.
Es kann jeder mal ein Experiment versuchen um einen Einblick zu bekommen, was an Sinnesreizen auf einen einprasseln können. Sich einfach mal zwischen mehrere Gruppen Menschen stellen, die miteinander diskutieren. Nicht einem Gespräch zuhören und alles andere rausfiltern sondern ALLEN Gesprächen zuhören. Das wird nicht klappen, wenn schon drei Personen gleichzeitig sprechen. Aber es sind ja nicht nur die Gespräche, es sind auch alle visuellen und akustischen Reize und Informationen drum herum, die wahrgenommen werden.
Ich hatte meiner besten Freundin mal, als wir mittags in einem Restaurant auf der Terasse sassen 30 Sekunden lang versucht meine Reizwahrnehmungen in Echtzeit zu beschreiben. Die Reize kamen quantitativ schneller an, als ich je hätte sprechen können. Aber nur schon diese 30 Sekunden erschütterten sie komplett, weil sie ja selbst die Umgebung wahrnahm, aber erst durch mich bemerkte, wie viele Informationen sie automatisch wegfiltert und deshalb erst gar nicht wahrnimmt.
In meiner Diagnose steht "F84.5 - Asperger Syndrom - leichte Ausprägung". Dies, obwohl mein Asperger mich oft einschränkt, oft limitiert, oft gefangen nimmt. Aber ich habe das Glück, zu 100% auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten zu können, bin sogar verheiratet.
Dieses Glück haben nicht viele mit Asperger, denn ihr Asperger ist noch viel stärker ausgeprägt wie meiner. Während mein Asperger mich "nur" einschränkt, kann ihr Asperger sie wirklich behindern.
zum Beitrag02.02.2019 , 05:56 Uhr
Regeln sind für eine Gesellschaft wichtig, denn Gesetze und Regeln ermöglichen es erst, das man in einer Gesellschaft zusammen leben kann. Regeln und Gesetze definieren Grenzen und versprechen Schutz.
Regeln sind auch für viele Menschen mit Asperger besonders wichtig. Regeln versprechen Sicherheit, Planbarkeit und Vorhersehbarkeit. Viele mit Asperger haben ihren gewohnten Tagesablauf und erledigen auch Arbeiten in einer gewissen immer gleich wiederkehrenden Reihenfolge. Wenn man jetzt davon ausgeht, das dieser Tagesablauf ein Regelwerk darstellt, wird man als Aussenstehender vielleicht eher nachvollziehen können, weshalb ein gestörter Ablauf einer Arbeit oder eines Tagesablaufs Menschen mit Asperger stark irritieren bis komplett aus der Bahn werfen kann. Manche mit Asperger können besser mit so etwas umgehen, manche allerdings sind dann teilweise minuten- bis stundenlang komplett blockiert.
Was Menschen mit Asperger Mühe bereiten kann, sind die vielen ungeschriebenen sozialen Regeln. Weil Menschen mit Asperger zur Ehrlichkeit neigen, kann es vorkommen, das sie auf die Frage einer Frau "Findest Du das Kleid, das ich anhabe schön?" mit "Nein" antwortet. Die Frage wurde nur ehrlich beantwortet, aber meist ist die Antwort nicht das, was die Frau hören wollte.
Aber die Probleme beginnen schon viel früher... Menschen mit Asperger können oft nicht die Mimik des Menschen gegenüber lesen und sie spiegeln die Mimik oft auch nicht. Wenn also jemand gewinnend lächelt, erwartet er von seinem Gegenüber die gleiche Reaktion (eben spiegeln). Menschen mit Asperger können das oft nur ungenügend oder gar nicht. Diese wechselseitige soziale Interaktion kann eher holprig verlaufen, den Menschen mit Asperger stört die fehlende Mimik nicht, aber derjenige, der teilweise auch unbewusst auf die entsprechende Reaktion der gespiegelten Mimik wartet, derjenige kann dadurch extrem irritiert werden.
zum Beitrag01.02.2019 , 20:43 Uhr
@Agerwiese: George Berhard Shaw formulierte mal:
Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie paßten auch heute noch.
Jemand, der sich sehr intensiv seit über fünf Jahren mit dem Klimaschutz auseinander setzt, jemand der bei Fachleuten die richtigen Fragen stellt und auf Fragen korrekte Antworten gibt, der hatte sich zumindest sehr viele Gedanken zum Thema Klimaschutz gemacht.
Oder anders herum formuliert... Ab welchem Alter darf man denn Botschafter für Klimaschutz werden? Mit 30 Jahren? Oder 40 Jahren? Oder erst mit 50 Jahren? Muss man dazu auf dem Themengebiet studiert haben?
Gretas Äusserung "Unser Haus brennt" mag überspitzt daherkommen, es gleicht derzeit noch eher einem Mottbrand. aber unter dem Strich hat sie meiner Meinung nach recht.
Damit die Menschen vielleicht endlich aufwachen würden, müsste der Klimawandel viel schneller vorwärts gehen. So im Sinne von: stell Dir vor, die Niederlanden befinden sich in nur 5 Jahren komplett 20 Meter unter dem Wasserspiegel. Oder: stell Dir vor, im mittleren Westen der USA ist es im Sommer durchschnittlich 55 Grad heiss... In nur 5 Jahren. In diesem Gedankenspiel geht es nicht darum Panik zu schüren oder ein Horrorszenario zu kreieren. Es geht alleine darum aufzuzeigen, dass sich das Klima für die menschliche Wahrnehmung viel zu langsam ändert. Heute schön, 30 Grad, morgen Regenwetter bei 10 Grad, das nehmen wir sehr gut wahr. Aber Zeitabschnitte von 20, 30, 50 oder 100 Jahren können wir nicht erfassen, ebenso die Änderung des Klimas in diesen Zeitabschnitten nicht. Das aber macht es so schwer, dieses hochkomplexe Thema verstehen zu können. Die eigene Erfahrung des Wetters fällt einem da schnell auf die Füsse.
Leider ist die gesunde Diskussionskultur in den letzten Jahren nahezu ausgestorben. Statt Fakten zählt heute nur noch, wer am lautesten Brüllen kann. Schade.
zum Beitrag01.02.2019 , 19:34 Uhr
Jim Hawkings, wäre es nicht besser, den "Trollen" Einsicht und Verstand zu wünschen?
Sheldon Cooper ist nur eine Filmfigur, deren Schöpfer bis heute abstreiten, ihm Asperger auf den Leib geschrieben zu haben.
Es ist übrigens Unsinn, das Menschen mit Asperger per se hochintelligent wären oder jeder mit Asperger ein Genie wäre oder zumindest in DEM einen Bereich jeden, der studiert hatte mit seinem Wissen schlagen könnte.
Menschen mit Asperger sind durchschnittlich intelligent, manche sehr intelligent und noch weniger extrem intelligent. Die Intelligenz ist bei ihnen in der Regel auch nicht gleichmässig verteilt, in manchen Bereichen sind sie intelligenter, in manchen weniger intelligent. Nicht jeder ist ein Mathegenie und nicht jeder ist ein Rechtschreibexperte.
Wenn man es denn so formulieren darf ohne irgend jemanden anzugreifen oder herabzusetzen, zu werten oder bewerten... Es wäre schön, wenn "ihr" "normalen" Menschen mal alle eure Schubladen, in die ihr meist unbewusst Menschen stecken wollt einfach zu lässt, wenn ihr einem Menschen begegnet, der sich eben nicht innerhalb einer von der Gesellschaft definierten und von ihr zumindest stillschweigend akzeptierten Norm befindet.
"Ihr" wollt ja auch, das "euch" Akzeptanz und Respekt entgegengebracht wird, so wie "ihr" seid. Wichtig ist doch unter dem Strich nicht, wer oder was "ihr" seid, sondern WIE "ihr" wirklich seid, ohne euch verstellen zu müssen. Egal welche Ecken und Kanten "ihr" haben mögt, "ihr" möchtet so akzeptiert und respektiert werden, wie "ihr" nun mal seid.
Ich kann nur für mich sprechen, genau das wünsche ich mir als Asperger auch und ich kenne zumindest einige mit Asperger, die sich das so auch wünschen. "Wir" mögen in einigen Dingen anders als "ihr" sein, aber "ihr" und "wir" zusammen haben viel mehr Gemeinsamkeiten, als "ihr" und "wir" gegenseitig voneinander denken.
zum Beitrag01.02.2019 , 15:21 Uhr
Das Aspergersyndrom wird heutzutage zu der Autismusspektrumstörung gezählt. Die Unterteilung in frühkindlichen (Kanner)Autismus, atypischen Autismus und Aspergersyndrom findet heute noch statt, soll aber im künftigen ICD in der Autismusspektrum aufgehen.
Die Asperger-Diagnostik hat klar umrissene Kriterien, wie auch im Ausschlussverfahren alternative Gründe wie eine Sozialphobie oder diverse Persönlichkeitsstörungen ausgeschlossen werden, bevor eine Diagnose gestellt wird.
Asperger ist keineswegs eine Sammelsurium von Symptomen, die dadurch möglichen Fähigkeiten wie auch Einschränkungen sind einzigartig, wie bei jedem anderen Menschen, der von Autismus betroffen ist auch. Der wissenschaftliche Ansatz ist, dass das Gehirn teilweise anders aufgebaut ist - daher der Begriff "Neurodiversität" - und dadurch einige Hirnareale stärker, andere Hirnareale schwächer ausgebildet sind und auch die Verbindungen der Hirnareale anders verlaufen. Daraus folgt, dass der Autismus bei jeder Form anders ausgeprägt ist. Es wird auch auf der genetischen Ebene nach Ursachen und Übereinstimmungen gesucht, aber hier steht man noch ganz am Anfang.
Asperger ist also wesentlich mehr, als das Dauenpeilen, Weltanschauung oder Normen. Asperger zu sein oder Asperger zu haben - dazu gibt es unterschiedliche Ansichten - ist alles andere als toll. Man hat oder man ist es ein Leben lang. Wenn man Glück hat, kann man lernen sich damit ein Stück weit zu arrangieren und sich so seiner Umwelt anzupassen, damit man vorallem als Erwachsener nicht mehr durch sein Anderssein auffällt. Man möchte als Betroffener nicht auf sein Asperger und die damit verbundenen Probleme reduziert werden, so wie niemand sonst auf seine Rechenschwäche oder seinen Sprachfehler oder ähnliches reduziert werden will.
Ja, es gibt die Menschen, die etwas verschroben erscheinen und sich selbst die "Diagnose" Asperger ausstellen. Das lässt sich nicht verhindern, aber das darf man den wirklich Betroffenen nicht anlasten.
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