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06.12.2017 , 21:15 Uhr
Es stimmt halt einfach nicht dass die Wirkung von Antidepressiva nicht wirklich nachgewiesen ist. Die Wirkungen sind vor allem diffus dadurch dass sie psychisch wirken und deswegen schwerer festzuhalten, aber verbring mal ein paar Wochen in stationären Einrichtungen, dann bekommst du sehr schnell mit wie viele Menschen ihre Medikamente absolut bewusst und absichtlich nehmen und definitiv wissen wie wichtig ihre Wirkung ist.
Man kann leider nicht vorher genau wissen welches Medikament man für welches chemische Ungleichgewicht benötigt. Deswegen probiert man mehrere aus, das muss man dann eben machen. In einer Klinik, optimalerweise, wegen der harten Umstellungsphase die niemals einfach ist.
Ich hab selbst 3-4 probiert gehabt bis ich zu dem gekommen bin das mir letztendlich half. Ohne diese Medikation, die ich 2 Jahre lang genommen habe, wäre die Therapie niemals möglich gewesen wodurch ich sie letztendlich wieder absetzen konnte. Medis absetzen zu können ist ein Privileg, aber niemals für jeden Menschen immer möglich und so zu tun ist wie einem Diabetiker erstmal homöopathische Mittel zu empfehlen.
Alle Prozesse in einem Gehirn sind chemisch und elektrisch; technisch ist jeder Prozess der belastet ein "Ungleichgewicht". Medikamente haben immer Nebenwirkungen weswegen es nur ab einer bestimmten Grenze sinnvoll ist sie zu nehmen um dem entgegenzuwirken, aber wo diese ist kann nur der Patient selbst wissen, z.B. wenn Gesprächstherapie nicht reicht, und nur der Psychiater einschätzen, indem man absolut ehrlich ist. Eine höhere Hemmschwelle fürs Verschreiben von psychischer Medikation führt dazu dass Menschen suggeriert wird dass sie selbst unter Kontrolle haben was ihre Depression mit ihnen tut, und in vielen Fällen ist das nicht im Geringsten die Wahrheit sondern im Gegenteil sehr gefährlich weil Depressionen eben _nicht_ direkt der Kontrolle von irgendjemandem unterliegen. Nur wenn man Glück hat sind sie schwach genug damit selbst einfach so klarzukommen.
zum Beitrag06.12.2017 , 12:53 Uhr
Sorry, aber das ist - wie leider die Mehrzahl von Artikeln über Mental Health Themen, die sehr oft nicht von direkt Betroffenen mitverantwortet werden - ein unverantwortlicher, gefährlicher Artikel. Für eine große Menge an psychisch Kranken die ich in Kliniken und thematischen Filterblasen online getroffen habe waren und sind ihre Medikationen eindeutig überlebensrelevant, und was hier impliziert wird wird definitiv Leute davon abschrecken etwas potentiell positiv beeinflussendes - womöglich lebensveränderndes - anzugehen, das über rein psychische Herangehensweisen hinausgeht. Depressionen sind einfach oft nicht nur mit sich selbst auszuhandeln; wenn das chemische Ungleichgewicht zu stark ist dann werden Medikamente absolut notwendig .
Was übersehen wird ist dass Menschen bei denen die Medikation so läuft wie gewollt sich meist nicht weiter damit beschäftigen wollen und das nirgends rumerzählen was das öffentliche Bild stark trübt, und dass Patienten oft nach 1-2 ersten Versuchen mit neuen Medikamenten aufgeben. Oft dauert es länger etwas zu finden das funktioniert; jedes Medikament funktioniert für jeden Menschen anders, auch innerhalb von Kategorien wie SSRIs oder Noradrenalinen (und Kombinationen), und durch die große Menge an Medikamenten gibt es viel das man probieren kann (und das ist IMMER mit eh schon hohen Hemmschwellen verbunden).
Der Placebo-Effekt ist real und nutzbar, funktioniert aber weniger wenn er erwartet wird was ihr mit diesem Artikel direkt hervorruft. Insofern schreckt ihr Leute nicht nur von etwaig lebensnotwendiger Medikation ab, sondern verringert auch die Wirkung bei denen die sie nehmen. Das Stigma für Medikation ist eh schon zu hoch; Menschen die Medis am dringendsten brauchen zögern oft am meisten (Selbstzweifel, Suizidalität, Angst vor Verschlimmerung), und ihr schlagt implizit assoziativ (absichtlich oder nicht) super in die „man muss sich nur zusammenreißen"-Schiene rein, die für keinen depressiven der Welt jemals hilfreich war.
zum Beitrag