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Archiv-Artikel

Unabhängig im Auftrag der Firma

Mitarbeiterzeitschriften fristen ein Schattendasein zwischen „brand eins“ und „Bäckerblume“: Das Magazin der Unternehmensberatung McKinsey, „McK Wissen“, versucht, PR und Journalismus zu verbinden – ein vermintes Feld

von FIETE STEGERS

Quer gestellt ist nicht nur das Druckformat: Das Magazin der Unternehmensberatung McKinsey ist Welten von der klassischen Bäckerblume oder Mitarbeiterzeitschriften alter Schule entfernt. Lange Geschichten, viel Luft durch weißen Raum und matte Fotos zeigen, wo McK Wissen herkommt: Die Firmenzeitschrift wird im Haus des Wirtschaftsmagazins brand eins produziert. McK Wissen ist das Extrembeispiel für die Entwicklung im Bereich „Corporate Publishing“: Über 4.000 Mitarbeiterzeitschriften mit einer Gesamtauflage von 456 Millionen geben deutsche Firmen und Organisationen heraus. Das dröge Image der Vergangenheit ist bei vielen verpönt, in Aufmachung und Inhalt orientieren sich die PR-Magazine an normalen Publikumszeitschriften. Obwohl journalistische Qualität inzwischen als Marketinginstrument gilt, ist klar: In erster Linie handelt es sich um PR-Produkte. Die Autonomie der Redaktionen ist begrenzt.

„Wenn sich Beraterkompetenz und unabhängiger Journalismus verbinden“, schwärmt Chefredakteurin Susanne Risch im Vorwort von McK Wissen von den Vorteilen des Corporate Publishing für die journalistische Arbeit: „Wir besuchen die Orte, an denen die Berater recherchiert haben, und finden neue.“

Anders als beim jedem ICE-Reisenden als Notfalllektüre bekannten DB mobil taucht der Name des Herausgebers McKinsey auf den 130 Seiten des Magazins aber selten auf – „im Idealfall nur im Impressum“, sagt Chefredakteurin Risch. Seit vier Monaten setzt Risch auf Autoren, die sonst für Süddeutsche und Neue Zürcher Zeitung schreiben. Sie können sich Platz für ausführliche Geschichten lassen, McK will keinen McDonald’s-Häppchen-Journalismus, auch kritisch darf’s mal sein: etwa wenn es um abgeschottete Wohnparks in den USA geht oder verkrustete Strukturen im vermeintlichen Biotech-Mekka Martinsried aufgedeckt werden.

Risch schwärmt von den journalistischen Vorteilen, die die Zusammenarbeit mit den Beratern bringe: „Es gibt so viel Know-how in Unternehmen, das wir normalerweise nicht erzählt bekommen.“ Nach Besprechungen mit den Beratern zum Schwerpunktthema gingen die Journalisten die Themen aber unabhängig an und steuerten neue Sichtweisen bei, beteuert sie. Organisatorisch ist die Redaktion des McK-Magazins von der Mutter brand eins getrennt, das Erscheinungsbild der beiden Hefte aber sehr ähnlich. Negative Auswirkungen der Auftragsproduktion für McKinsey auf den Ruf von brand eins, das als unabhängiges, innovatives Wirtschaftsmagazin gilt, befürchtet Risch nicht.

Mit dem Engagement im Corporate Publishing ist brand eins schließlich nicht allein: Großverlage wie Gruner + Jahr, Burda, Bauer und Holtzbrinck haben unter ihrem Dach schon länger eigene Abteilungen für Corporate Publishing. National-Geographic-Chefredakteur Klaus Liedtke, früher Stern-Chef, ist zugleich auch für das Lufthansa-Magazin verantwortlich. Um seinen Anspruch als unabhängiges Magazin zu unterstreichen, ist McK Wissen auch im normalen Zeitschriftenhandel erhältlich. Stolze 15 Euro kostet das Hochglanzheft da vierteljährlich.

Stefan Endrös, Vorstandsmitglied der Branchenorganisation Forum Corporate Publishing, hält den Kioskvertrieb für wenig effizient: „Das schmeichelt ausschließlich dem Herausgeber und dem betreuenden Verlag.“ Der Großteil der Auflage von McK Wissen geht deshalb ganz traditionell kostenlos an Kunden der Unternehmensberatung.

Bei McKinsey und brand eins sollte man nämlich aufpassen: Das Magazin eines Helmstedter Energieunternehmens wurde nach Branchenberichten eingestellt, weil es sich zu innovativ und unternehmensfern gegeben haben soll.