: Fracking-Gesetz verschoben
ENERGIE Der Bundestag wird frühestens im Herbst über die umstrittene Fördertechnik entscheiden. Union und SPD sind sich in zentralen Punkten weiter uneinig
THOMAS OPPERMANN (SPD) ÜBER DIE GEPLANTE FRACKING-EXPERTENKOMMISSION
VON MALTE KREUTZFELDT
BERLIN taz | Das Fracking-Gesetz, über das die Große Koalition seit Monaten verhandelt, wird verschoben. SPD und Union konnten sich über mehrere zentrale Fragen nicht einigen, bestätigten Vertreter beider Parteien am Dienstag. Das Gesetz, mit dem die derzeit durch ein Moratorium blockierte, umstrittene Fördertechnik für Gas und Öl unter Auflagen zugelassen würde, sollte eigentlich an diesem Freitag in dritter Lesung vom Bundestag verabschiedet werden. Nun wird erst nach der parlamentarischen Sommerpause darüber entschieden – also nicht vor September.
Größter Streitpunkt waren die Befugnisse einer Expertenkommission, die auf Druck der Union ins Gesetz aufgenommen worden war. Der Gesetzentwurf sah vor, dass sechs Vertreter von Behörden und Forschungseinrichtungen darüber abstimmen sollten, ob nach erfolgreichen Probebohrungen in unkonventionellen Gaslagerstätten in Schiefergestein eine kommerzielle Förderung erlaubt werden darf.
Die SPD hatte hingegen darauf gedrängt, dass die finale Entscheidung beim Bundestag liegen müsse. „Nur der Gesetzgeber selbst kann entscheiden“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann der taz. Doch den von der SPD geforderten Parlamentsvorbehalt wolle die Union nicht akzeptieren. „Damit ist jetzt endlich klar, wo die Fronten verlaufen“, sagte der Umweltpolitiker Frank Schwabe, der für die SPD verhandelte.
Die Union wies die Schuld an der Verschiebung hingegen der SPD zu. „Es ist bedauerlich, dass in der SPD-Fraktion derzeit keine Mehrheit für die Gesetzentwürfe der eigenen Minister vorhanden ist“, erklärte die umweltpolitische Sprecherin Marie-Luise Dött.
Ebenfalls umstritten war bis zuletzt, wie viele Probebohrungen für unkonventionelles Fracking erlaubt werden sollten. Laut Schwabe wollte die Union 16 Tests, die SPD nur 2. Einig geworden waren sich die Parteien hingegen bereits, die Fracking-Verbotsgebiete auszuweiten und die Regeln, anders als zuvor geplant, nicht an der Tiefe der Bohrung, sondern an den betroffenen Gesteinsschichten zu orientieren.
Beim Fracking werden unter hohem Druck Wasser und Chemikalien in den Boden gepresst, um Gesteinsschichten aufzubrechen und das darin befindliche Gas zu lösen. In Sandstein ist diese Technik in Deutschland in der Vergangenheit schon genutzt worden. Mit dem unkonventionellen Fracking etwa in Schiefer, wo deutlich höherer Druck und mehr Chemie notwendig ist, gibt es hierzulande hingegen noch keine Erfahrung. Kritiker befürchten eine Verschmutzung des Trinkwassers und warnen vor negativen Klimaeffekten durch austretendes Gas.
Bisher ist Fracking in Deutschland gar nicht gesetzlich geregelt. Seit 2011 erteilen die Behörden aber wegen der laufenden Verhandlungen keine Genehmigungen mehr. Dass sich die Industrie nun vor Gericht gegen dieses faktische Moratorium wehrt, glaubt SPD-Umweltpolitiker Schwabe nicht: „Ich gehe jede Wette ein, dass die Konzerne stillhalten“, sagte er. Anderenfalls wäre die Empörung so groß, dass es am Ende ein Totalverbot geben könnte.
Genau das fordert die Opposition: „Statt das Gesetz erneut zu verschieben, sollten SPD und Union endlich einen Schlussstrich ziehen“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Auch Hubertus Zdebel (Linke) verlangte ein „Verbot ohne Ausnahmen“. Umweltgruppen feierten bereits die Verschiebung des Gesetzes als Sieg: „Unser Kampf hat sich gelohnt“, erklärte etwa der Umweltverband BUND. Jetzt gebe es „mehr Zeit, um für ein Verbot zu kämpfen“, heißt es beim Umweltinstitut München.
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