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Archiv-Artikel

Bauernaufstand gegen Tierschutzreform

LANDWIRTSCHAFT Branchenverband setzt auf freiwillige Initiative. Agraropposition: Das bringt nicht viel

BERLIN taz | Der Deutsche Bauernverband lehnt trotz wachsender Kritik strengere Tierschutz-Vorschriften ab. Diese würden die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt und kleine Höfe gefährden, heißt es in einem Entwurf, den die Mitgliederversammlung auf dem „Bauerntag“ in Erfurt am Mittwoch verabschieden wollte. Der in Berlin und Brüssel sehr einflussreiche Bauernverband vertritt über seine Mitgliedsorganisationen rund 300.000 Landwirte.

Tierschützer kritisieren seit einigen Jahren immer heftiger zum Beispiel, dass Schweinen die Schwänze gekürzt werden, weil sie sich sonst in den engen und reizarmen Ställen gegenseitig verletzen würden. Bauernverbands-Präsident Joachim Rukwied hat das nun zur Kenntnis genommen: Es sei unübersehbar, dass „sich die gesellschaftlichen Maßstäbe verschoben haben, wenn es um Landwirtschaft und Ernährung geht“, sagte er. Die Verbraucher seien „immer noch Bildern eines romantischen Landlebens verhaftet“.

Dennoch dürfe die Politik nicht die Vorgaben für die Haltungsverfahren ändern, heißt es in der Beschlussvorlage. Denn: „Kleine und mittlere bäuerliche Tierhaltungsbetriebe dürfen über die dadurch ausgelösten immer höheren Investitionsanforderungen nicht in den Ausstieg getrieben werden.“ Stattdessen setzt der Verband auf freiwillige Lösungen wie die Initiative Tierwohl, bei der die Handelskonzerne Bauern Boni zahlen wollen, wenn sie ihren Schweine etwa mehr Platz bieten.

„Mit dieser Strategie kommen sie nicht aus der öffentlichen Kritik heraus“, sagte der Geschäftsführer der ökologisch orientierten Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Ulrich Jasper, der taz. Die Anforderungen seien zu niedrig, den meisten Schweinen würden weiterhin die Schwänze kupiert. Es stimme zwar, dass strengere Vorschriften zum Höfesterben beitragen. Aber dieser Faktor sei nicht so wichtig wie der Preisdruck, den die Exportstrategie des Bauernverbands verursacht habe. Kleine Höfe müssten mehr Geld vom Staat als große bekommen, um ihre Ställe tiergerechter umzubauen. JOST MAURIN