Lokal verankerte Empörung

GEGEN BÄRGIDA IN MOABIT

Erst wenn es in die Stadtteile geht, tut sich wirklich was

Als im Winter Pegida-Ableger bundesweit aus dem Boden ploppten, regte sich dagegen vielerorts massiver Protest. Im sonst so gemütlichen München gingen an einem Montag 12.000 Menschen gegen die Rechten auf die Straße, selbst in Magdeburg waren es 6.000. Manch einer rieb sich verwundert die Augen: Ausgerechnet im liberalen, politisch eher links tickenden Berlin blieben die Teilnehmerzahlen der Gegendemos eher gering und rutschten zuletzt sogar in den zweistelligen Bereich ab. Vertreter der linken Szene waren zwar vor Ort, doch es fehlte eine breitere gesellschaftliche Bewegung.

Am vergangenen Montag änderte sich das: Rund 1.000 Menschen folgten in Moabit dem Aufruf der Bürgerinitiative „Moabit hilft“ und verhinderten so einen Bärgida-Aufmarsch vor einem nahe gelegenen Flüchtlingsheim. Zweimal waren die Rechten zuvor durch den Stadtteil gelaufen. Für die Anwohner eine Provokation. Bärgida-Parolen in ihrem Kiez? Das wollten die Moabiter dann doch nicht hinnehmen – und gingen auf die Straße. Anders als die Proteste im Winter zwischen der Straße Unter den Linden und dem Hauptbahnhof war diese Demo lokal verankert. Das könnte auch eine Erklärung sein, warum die Empörung damals so mau blieb: Erst wenn es in die Stadtteile geht, mit denen sich die Bewohner identifizieren, tut sich wirklich was.

So gesehen, ist die repräsentative Mitte Berlins trotz ihrer zahlreichen Institutionen politisches Niemandsland. In Bundestag und Kanzleramt wird natürlich Politik gemacht. Die Gegend drum herum interessiert aber keinen wirklich. Wenn Bärgida am Brandenburger Tor demonstriert, denken sich offenbar viele: Das geht mich nichts an. Vor der eigenen Haustür sieht das gleich ganz anders aus. Man kann nur hoffen, dass sich die Bärgida-Leute – solange es die Gruppe gibt – noch öfter in die Kieze verlaufen. A. LANG-LENDORFF