: Aus die Maut
MOBILITÄT Dobrindt verschiebt die Einführung der umstrittenen Vignette. Für Kritiker ist das bereits der Anfang vom Ende der Pläne
VON RICHARD ROTHER
BERLIN taz | Paukenschlag am Donnerstag: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat die Einführung der Pkw-Maut in Deutschland wegen rechtlicher Schritte der EU-Kommission auf unbestimmte Zeit verschoben. „Mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens bremst die EU-Kommission die Umsetzung der Infrastrukturabgabe“, sagte Dobrindt. „Wir werden eine Gerichtsentscheidung abwarten.“
Bislang wollte Dobrindt die Pkw-Maut im Laufe des nächsten Jahres starten; Bundestag und Bundesrat hatten bereits zugestimmt. Wegen des EU-Verfahrens gebe es aber nun keine marktgerechten Angebote von möglichen Betreibern eines Pkw-Maut-Systems, so Dobrindt. Daher werde die Einführung der Maut bis zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verschoben.
Bis zu einem EuGH-Urteil dauert es laut EU-Kommission aber im Schnitt zwei Jahre. Die Brüsseler Behörde teilte am Donnerstag mit, dass sie wegen europarechtlicher Bedenken mit einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland vorgeht. „Eine Straßennutzungsgebühr ist nur dann EU-rechtskonform, wenn sie nicht auf Grund der Staatsangehörigkeit diskriminiert. Wir haben erhebliche Zweifel, ob die einschlägigen deutschen Gesetze diesem Grundsatz entsprechen“, erklärte Verkehrskommissarin Violeta Bulc.
Die Diskriminierung finde auf zwei Ebenen statt, so Bulc. Zum einen würden deutsche Nutzer die Straßenbenutzungsgebühr de facto nicht zahlen, weil ihre Kfz-Steuer um den Betrag der Gebühr gesenkt werde. Zum anderen seien die Preise für Kurzzeitvignetten, die für ausländische Nutzer vorgesehen seien, überproportional teuer. Als Hüterin der europäischen Verträge müsse die EU-Kommission daher tätig werden.
Dobrindt gab sich kämpferisch: „Ich werde mit Brüssel eine harte Auseinandersetzung führen. Am Schluss wird der Europäische Gerichtshof entscheiden“, sagte er. „Was wir mit der Kfz-Steuer machen, ist ausschließlich nationale Hoheit, da hat Brüssel keine Kompetenzen.“ Durch die Kürzung der Kfz-Steuer würden Doppelbelastungen für diejenigen vermieden, die sich heute schon an der Finanzierung unserer Staaten beteiligen, so Dobrindt. „Österreich hat 1997 die Maut eingeführt und gleichzeitig die Pendlerpauschale für Österreicher massiv erhöht.“ Und Großbritannien habe letztes Jahr eine Lkw-Maut eingeführt und gleichzeitig die Kfz-Steuer erheblich gesenkt. „Dies alles war ohne Beanstandung aus Brüssel möglich.“
Der Grünen-Verkehrsexperte im EU-Parlament, Michael Cramer, sprach mit Blick auf das Vertragsverletzungsverfahren von einer Ohrfeige für Dobrindt. Dies sei der Anfang vom Ende der Maut.
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