piwik no script img

Archiv-Artikel

Das „Peacekeeping“ ist reformbedürftig

BLAUHELME Es wird viel über eine Reform von UN-Missionen diskutiert. Die Sexvorwürfe machen die Debatte nicht einfacher

BERLIN taz | „Peacekeeping“ durch die Vereinten Nationen ist zum milliardenschweren Business geworden. Derzeit dienen nach UN-Angaben in 16 UN-Missionen weltweit 125.396 Männer und Frauen aus 120 Ländern. Rund drei Viertel davon sind Blauhelmsoldaten, dazu kommen Polizisten, Militärbeobachter und zivile Mitarbeiter. Alle Missionen zusammen kosten jährlich 8,5 Milliarden US-Dollar.

Seit UN-Blauhelme 1994 aus Ruanda abzogen, statt gegen den Völkermord an den Tutsi einzugreifen, und seit UN-Soldaten 1995 im bosnischen Srebrenica Massaker an Zivilisten gewähren ließen, hat sich das „Peacekeeping“ von einer passiven Beobachtungstätigkeit weiterentwickelt. UN-Blauhelme sollen heute aktiv Zivilisten schützen und notfalls kämpfend eingreifen.

Am weitesten in diese Richtung ist die UN-Mission im Kongo (Monusco) gegangen, deren „schnelle Eingreiftruppe“ FIB Ende 2013 Rebellen im Osten des Landes besiegte. Schule hat das FIB-Modell bisher nicht gemacht. Die UN-Strukturen gelten als ungeeignet.

Eine überfällige Reform des UN-Peacekeeping, um es reaktiver und effizienter zu gestalten, wird derzeit von einem Expertenpanel unter Vorsitz des ehemaligen Präsidenten von Ost-Timor, José Ramos Horta, konzipiert. Sein Abschlussbericht wurde am Dienstag UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vorgelegt, aber noch nicht veröffentlicht. Überschattet wurde der Horta-Bericht von den neuen Vorwürfen, wonach sexuelle Übergriffe durch UN-Mitarbeiter ungenügend geahndet würden.

Wegen sexueller Übergriffe laufen faktisch Daueruntersuchungen gegen die UN-Missionen vor allem in Haiti, Kongo, Liberia und Südsudan, dazu kommen interne Prüfvorgänge der UN-Behörde für interne Ermittlungen (OIOS) sowie ein jährlicher Fortschrittsbericht des UN-Generalsekretärs. Daneben wurde vor zwei Wochen eine externe Untersuchung des Versagens der UNO beim Umgang mit Vorwürfen angekündigt, französische Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik hätten vergangenes Jahr Kinder missbraucht.

Die UN-Menschenrechtskommission hatte diese Vorwürfe unter den Teppich gekehrt, statt ihren eigenen Recherchen dazu nachzugehen, und einen hochrangigen Mitarbeiter suspendiert, der versucht hatte, Ermittlungen anzustoßen. All dies schafft böses Blut innerhalb des UN-Apparats und macht es schwer, die Reformdiskussionen zu einem guten Abschluss zu führen. DOMINIC JOHNSON