: Knöllchen für Herrchen
VERBOT Seit einem Monat sind Hunde an den Ufern von Schlachtensee und Krummer Lanke verboten. Die Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern sind verhärtet
VON RONNY MÜLLER
SpaziergängerInnen bietet sich dieser Tage um die Mittagszeit am Schlachtensee eine wahre Postkartenatmosphäre: Die Sonne scheint durch die Baumwipfel, im See spiegelt sich der Himmel, ein paar Jogger drehen einsam ihre Runden. Hunde sind im und am See nicht zu sehen – ein Erfolg des seit 15. April geltenden Hundeverbots oder Zufall?
Glaubt man Rolf Nahr, dann trifft eher Letzteres zu. Zwei- bis dreimal pro Woche jogge er in seiner Mittagspause um den See, und häufig kommen ihm dabei auch Hunde mit ihren HalterInnen entgegen. Dass Hunde im Strandbereich und auf den Uferwegen seit einem Monat nicht mehr laufen dürfen, sei ihm bisher nicht bekannt gewesen, und er halte es auch für „Quatsch“: „Ich laufe seit zehn Jahren hier und hatte noch nie ein Problem.“ Lediglich auf der Liegewiese finde er das Verbot okay.
Dass es auch andere Stimmen gibt, berichtet Christa Markl-Vieto (Grüne). Sie hat sich im Bezirksstadtrat Steglitz-Zehlendorf für das Verbot starkgemacht und zieht ein positives Zwischenfazit. Besonders von Familien und älteren Menschen erhalte sie zahlreiche Zuschriften, in denen eine neu gewonnene „himmlische Ruhe“ gelobt wird.
Protest fällt bunt aus
Viele Hundebesitzer möchten in diesen Lobgesang nicht einstimmen. Für sie ist das Hundeverbot unverständlich und Markl-Vieto ein rotes Tuch. Rund um den See drückt sich der Protest in gestohlenen Hinweisschildern und übermalten Hundeampeln aus. Diese etwa ein Meter hohen Holzpflöcke sind an Wegen rund um den See angebracht und weisen mit grünen, gelben oder roten Symbolen auf Hundeauslaufgebiete und -verbotszonen hin. Zumindest sollten sie es, doch auf dem Weg oberhalb des Sees, auf dem Hunde ohne Leine laufen dürfen, sind alle Hundeampeln mit grüner oder blauer Farbe beschmiert. Der Bezirk musste bereits viele Schilder und Pflöcke ersetzen oder reinigen lassen. Markl-Vieto will deshalb zukünftig Vorfälle anzeigen und wegen Sachbeschädigung und Diebstahl ermitteln lassen.
Nicht nur GegnerInnen des Hundeverbots verleihen ihrem Ärger auf zweifelhafte Weise Ausdruck. In einem offenen Brief, der Anfang Juni im Tagesspiegel erschien, berichteten AnwohnerInnen der Marinesiedlung am südöstlichen Ufer des Schlachtensees von Beleidigungen, Drohungen und Angriffen „aggressiver Hundehasser“ auf SpaziergängerInnen mit Hund, obwohl diese sich auf zugelassenen Auslaufflächen bewegten.
Christa Markl-Vieto räumt ein, dass im Fall der Marinesiedlung ein kürzlich umgelegter Weg für Irritationen sorge. Die Streitereien bezeichnet sie als unsinnig und fordert beide Seiten dazu auf, Toleranz zu leben.
Die Auseinandersetzungen an der Marinesiedlung sind ein Beispiel von einigen für Missverständnisse zwischen VerbotsgegnerInnen und -befürworterInnen. Ein weiteres, grundsätzliches ist die Rechtmäßigkeit des Verbots. An ihr zweifelt auch Hendrik Zühlke, Mitarbeiter der Tierschutzstiftung „Erna Graff“, die sich gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Berliner Schnauzen“ für eine Aufhebung der Verordnung einsetzt. Die fehlende Rechtsgrundlage sei auch der Grund, weswegen bei Missachtung des Verbots auch keine Bußgeldbescheide verteilt werden, so Zühlke. „Alles Blödsinn“, entgegnet Markl-Vieto und verweist auf Paragraf zwei des Berliner Hundegesetzes. Demnach dürfen Hunde an ausgewiesenen öffentlichen Badestellen nicht mitgenommen werden. An der Kennzeichnung hat es Markl-Vieto zufolge zunächst gehapert, das sei nun behoben.
Gerichte sind eingeschaltet
Aktuell prüft das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf einen Antrag auf ein Bürgerbegehren, den die Initiative „Berliner Schnauzen“ gestellt hat und das die Aufhebung des Verbots fordert. Zudem verhandelt das Verwaltungsgericht einen Eilantrag mit derselben Absicht. Eine dritte Möglichkeit zur Lösung des Konflikts wäre ein Kompromiss zwischen den Konfliktparteien. Darüber will Markl-Vieto aber frühestens in anderthalb Jahren verhandeln – so lange will sie das Hundeverbot testen. Und im Juli sollen erste Knöllchen verteilt werden.