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Archiv-Artikel

„In Hamburg großes Defizit“

TRANSPARENZ Arne Semsrott diskutiert über den Einfluss von Unternehmen auf die Hochschulen

Arne Semsrott

■ 27, ist Leiter der AG Wissenschaft von Transparency International und verantwortlich für das Portal Hochschulwatch.de.

taz: Herr Semsrott, wie abhängig sind Hamburgs Hochschulen von der Wirtschaft?

Arne Semsrott: Man sieht in Hamburg, dass ein Viertel bis ein Drittel der Gesamtetats der Hochschulen von Drittmittelgebern kommen. Das können Stiftungen sein, Forschungsgemeinschaften oder eben auch Unternehmen, die rund fünf Prozent des Gesamtetats stellen.

Welche Auswirkungen kann das auf die Forschung konkret haben?

Es besteht immer die Gefahr, dass Unternehmen Einfluss auf die Forschung nehmen. Im Extremfall kann es dazu führen, dass die Wissenschaftsfreiheit nicht mehr gewährleistet ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn das Unternehmen selbst entscheiden will, worüber geforscht wird oder ob ein Forschungsergebnis auch wirklich publiziert wird.

Gibt es in Deutschland dafür ein eindeutiges Beispiel?

Ja, ein besonders plakatives Beispiel war das der Deutschen Bank in Berlin. An der TU und der HU hat sie das Institut für angewandte Finanzmathematik unterstützt. Im Anschluss haben sie dafür sichergestellt, dass ihre eigenen Mitarbeiter Lehraufträge bekommen und das Gebäude in unmittelbarer Nähe zur Bank gebaut wird. Das war ein klarer Verstoß gegen das Gebot der Wissenschaftsfreiheit.

Sie diskutieren heute auch mit der zweiten Bürgermeisterin, Frau Fegebank. Was kann die Politik in dem Feld tun?

Im ersten Schritt kann sie bewirken, dass die Hochschulen deutlich transparenter im Umgang mit ihren Fördergeldern werden. Sie sollten vorlegen müssen, von wem und vor allem wofür genau sie Gelder erhalten. Gerade in Hamburg gibt es da ein großes Defizit. Hier werden nur sehr ungern Zahlen herausgegeben.

Es ist ja nicht prinzipiell schlecht, dass Hochschulen mehr Gelder bekommen. Wo sehen Sie denn die Grenze zwischen Fördern und Beeinflussen?

Legal ist es, mit der Finanzierung einer Stiftungsprofessur die Forschungsrichtung ungefähr zu bestimmen. Doch je nachdem, wie speziell diese Professur ist, kann damit schon sehr viel Einfluss genommen werden. Wichtig ist, dass alles transparent abläuft, um die Vorgänge nachvollziehen zu können.INTERVIEW: KRISTOF BOTKA

Diskussion „Gekaufte Wissenschaft – wird ein Grundrecht geopfert?“, 19:00Uhr, Vortragsraum 1 der Staatsbibliothek. Von-Melle-Park 3. Eintritt frei