: Auszeit für die Schnüffler
USA Der Senat kann sich nicht einigen, und so darf die NSA plötzlich US-Bürger nicht mehr so ausspähen wie zuvor. Zumindest ein paar Tage lang
AUS NEW YORK DOROTHEA HAHN
Seit Montag früh um Mitternacht Ortszeit darf der US-Geheimdienst NSA die Metadaten von Telefonanrufen in den USA – und andere private Daten der BürgerInnen – nicht mehr erfassen. Zumindest vorläufig nicht. Das Gesetz über diese Schnüffeleien war bis zum 1. Juni 2015 befristet, und da der Senat in Washington sich unfähig zeigte zu entscheiden, ob er die NSA ein bisschen reformieren oder ob er sie weitermachen lassen will wie bisher, lief das Gesetz einfach aus.
Eine kleine Minderheit, angeführt von dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Rand Paul, erreichte damit ihr Ziel. Die Angstmacher hingegen, darunter zwei Geheimdienstchefs und der US-Präsident, die vor angeblichen terroristischen Gefahren warnen, konnten sich nicht durchsetzen.
Es ist das erste Mal in der Geschichte des „Patriot Act“, dass die Macht der Geheimdienste radikal schrumpft. Seit der ursprünglichen Annahme des „Patriot Act“ in den panik- und angsterfüllten Wochen direkt nach den Attentaten vom 11. September 2001 hatten die Kongressabgeordneten zuvor bei jeder Erneuerung der Gesetze den Vorschlägen der Geheimdienste mit großen Mehrheiten zugestimmt. 14 Jahre lang blieben die KritikerInnen ungehört.
Erst die Enthüllungen von Edward Snowden haben einen Stimmungswandel herbeigeführt, der dafür gesorgt hat, dass in der vergangenen Woche eine große Mehrheit der Abgeordneten im Repräsentantenhaus – darunter DemokratInnen und RepublikanerInnen – für eine kleine Reform der NSA gestimmt hat. Und dafür, dass sich am Sonntag der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell, der eigentlich am bisherigen NSA-Kurs festhalten wollte, nicht durchsetzen konnte.
Doch das Auslaufen eines Teils des „Patriot Act“ soll nicht von Dauer sein. Nach seinem Scheitern vom Sonntag wird McConnell schon in den nächsten Tagen versuchen, die bereits vom Repräsentantenhaus angenommene kleine Reform der NSA zu übernehmen.
Sollte ihm das gelingen, könnte die Schnüffelei in weiten Feldern weitergehen. Allerdings würden die inländischen Telefon-Metadaten künftig nicht mehr automatisch an die NSA gehen, sondern bei den Telefongesellschaften bleiben und nur auf gezielte Anfragen weitergegeben werden.
Klarer Sieger dieser Runde ist Rand Paul, libertärer Anwärter auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur für 2016. Er vertritt stockkonservative Positionen, hat aber beim Thema Ausspähung das Richtige gesagt. Er wollte zwar mehr erreichen als eine Auszeit von ein paar Tagen. Aber er hat ein Thema für die Wahlen von 2016 gesetzt und sich dabei gegenüber allen anderen PräsidentschaftskandidatInnen profiliert.