: Netter Ausflug ins scheene Dräsdn
G 7 Die ersten Proteste gegen den G-7-Gipfel laufen in Dresden mit sächsischer Gemütlichkeit an. Thema der Demonstrierenden ist vor allem die Schuldenproblematik, die nicht auf der offiziellen Agenda steht
DRESDEN taz | Merkel und Obama sind ein wenig inkontinent. Sie lassen heiße Luft, nein, es entweicht ein wenig Gas aus den Ballons mit ihrem Konterfei, sodass sie unvermutet zu Boden gehen. Es sind sozusagen Testballons mit Porträts der Großkopfeten für den eine Woche später beginnenden G-7-Gipfel in Garmisch-Partenkirchen, die die internationale Kampagnenorganisation ONE vor der Dresdner Frauenkirche steigen lässt. Aktive von erlassjahr.de fordern die geordnete Entschuldung von 83 Entwicklungs- und Schwellenländern.
Ungefähr 150 Teilnehmer und Zufallspassanten sahen am Mittwochnachmittag die Protestaktion gegen das Treffen der G-7-Finanzminister und Notenbankgouverneure. Ähnlich leidenschaftslos erscheint trotz der globalen Problematik auch das Programm des Finanzgipfels der Alten Welt. Ein netter Ausflug ins scheene Dräsdn. Nach der angeblich abgeschlossenen Bewältigung der Weltfinanzkrise geht es laut Bundesfinanzministerium um die Glaubensfrage, ob mehr Wachstum durch schuldenfinanzierte Programme oder strikten Sparkurs zu erreichen ist. Finanzmärkte sollen weiter reguliert und Steuerflucht eingedämmt werden.
Hilfen für in der Schuldenfalle steckende Länder werden offiziell nicht besprochen. Es ist eher das kritische Beiprogramm an Vorträgen, Gottesdiensten und Pressekonferenzen, das solche Existenzfragen schwacher Länder thematisiert. Fanwell Bokosi vom Afrikanischen Netzwerk für Schulden und Entwicklung erinnerte daran, dass diese Staaten nach der Teilentschuldung von 1999 wieder vor den gleichen Problemen wie in den 1980er Jahren stehen. In der UNO gibt es solche Entschuldungsbestrebungen, die aber gerade aus deutscher und G-7-Richtung torpediert werden.
Auch SchülerInnen diskutierten mit Vertretern des Finanzministeriums und thematisierten immer wieder das Schuldenthema. Und TTIP und CETA sind offenbar auch spontane Jugendthemen. Aber nicht heiß genug, um sich zu einer der zahmen Protestaktionen in die Innenstadt zu bequemen.
MICHAEL BARTSCH