: Mieterschutz nur im Schneckentempo
STADTPOLITIK Ein Einwohnerantrag für mehr Milieuschutzgebiete in Neukölln scheitert am Widerstand der SPD – dabei hat das Land Unterstützung versprochen
■ In Milieuschutzgebieten müssen Sanierungen grundsätzlich vom Bezirk genehmigt werden. Bestimmte Maßnahmen können per Satzung untersagt werden – damit sollen Luxussanierungen verhindert werden. Auch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen kann seit März in diesen Gebieten abgelehnt werden.
■ Bisher gibt es 21 Milieuschutzgebiete, vor allem in Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow und Tempelhof-Schöneberg. Um ein neues Gebiet einzurichten, müssen umfangreiche Voruntersuchungen durchgeführt werden. (mgu)
„Der Milieuschutz ist gerade im Norden Neuköllns der richtige Weg.“ Mit diesen Worten zitiert die Neuköllner SPD den Berliner Parteivorsitzenden Jan Stöß auf ihrer Internetseite. Ein Einwohnerantrag, der Voruntersuchungen zum Milieuschutz im Neuköllner Norden einleiten will, müsste den SPD-Bezirksverordneten also gerade recht kommen. Doch nichts da: Der Antrag, der am Dienstag im Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln behandelt wurde, scheiterte – an den Stimmen der SPD, die gemeinsam mit der CDU dagegen stimmte.
Sicher: Für zwei Gebiete Nordneuköllns, den Reuter- und den Schillerkiez, hatte die BVV im letzten Jahr Milieuschutz-Voruntersuchungen beschlossen. Doch die Ausweitung auf weitere Gebiete lehnen die Neuköllner Sozialdemokraten ab: zu teuer und zu aufwändig. Dabei hat der SPD-Stadtentwicklungssenator versichert, die Bezirke in der Durchführung dieser Voruntersuchungen finanziell zu unterstützen.
„Verdrängung ist im gesamten Neuköllner Norden ein Problem“, sagt Michael Anker, einer der drei Antragsteller. Der Reuterkiez etwa sei der Entwicklung im restlichen Gebiet lediglich etwas voraus – der Milieuschutz als vorbeugendes Instrument sei nun gerade in den Kiezen wichtig, denen die dortige Verdrängungsdynamik noch bevorsteht.
3.500 NeuköllnerInnen haben den Antrag unterschrieben, mehr als dreimal so viele wie nötig. Auf die Sitzung haben sich die Antragsteller gut vorbereitet, alle Argumente sind parat. Unterstützt werden sie vom Neuköllner Mietenbündnis und dem Mietenvolksentscheid, die vor der Sitzung auf dem Rathausplatz eine Kundgebung abhalten. Am Ende nützt alles nichts: Die SPD-Verordneten bleiben bei ihrer Position und verwenden wenig Zeit auf Erläuterungen. Das sorgt für Frustration: „Die können nicht mal erklären, was sie eigentlich dagegen haben“, sagt eine ältere Zuschauerin.
Immerhin, ein paar Zentimeter bewegt sich die SPD am Ende doch: Sie bringt einen eigenen Antrag ein, der das Bezirksamt auffordert, bis Oktober einen Zeitplan für mögliche weitere Voruntersuchungen zu erstellen. „Das ist ein winziger Schritt in die richtige Richtung – angesichts der rasanten Entwicklungen geht das aber viel zu langsam“, sagt Tom Küstner vom Neuköllner Mietenbündnis.
MALENE GÜRGEN