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Archiv-Artikel

Meister der Länge

„Seit dem Musikunterricht in der Schule hasse ich Mozart“

LÁSZLÓ KRASZNAHORKAI

Ich mache nichts anderes als Schriftstellerei, ein öffentliches Leben kenne ich gar nicht“, sagte der ungarische Autor und europäische Weltbürger László Krasznahorkai der ungarischen Wochenzeitung HVG im Jahre 2012. Neben Imre Kertész, Péter Nádas und Péter Esterházy ist er einer der bedeutendsten ungarischen Autoren der Gegenwart. Am Dienstagabend wurde Krasznahorkai in London der Man Booker International Prize 2015 für sein Lebenswerk verliehen. Damit ist er der erste Ungarn, der mit dieser hohen Auszeichnung geehrt wird.

Die Laudatorin des mit 60.000 Pfund (rund 84.000 Euro) dotierten Preises, die Autorin Marina Warner, würdigte Krasznahorkai als einen „fantasievollen Schriftsteller von außergewöhnlicher Intensität und stimmlicher Bandbreite“.

Mit Mittelmaß, Hirngespinsten, und Hinterlistigkeiten konnte Krasznahorkai nie wirklich etwas anfangen. Seine Helden suchen nach Wahrheit und verkünden ihr Urteil über die Welt.

Der Ko-Autor des Silbernen Berlinale-Preisträgers 2011 – „Das Turiner Pferd“ von Béla Tarr – wurde am 5. Januar 1954 in der kleinen Stadt Gyula in Südungarn als Sohn eines Anwalts und einer Versicherungsangestellten geboren. Bereits im Elternhaus lernte er es zu rebellieren. Er sollte auf dem Gymnasium Latein pauken, wollte aber lieber „westliche Fremdsprachen lernen“. Auch mit klassischem Musikunterricht konnte er nichts anfangen („Seitdem hasse ich Mozart!“), und entdeckte für sich stattdessen Beatmusik.

Die Zeiten, wo er sich als Pianist in einer Beatmusik-Band austobte, sind längst vorbei. Jetzt pendelt der dreifache Vater mit seiner zweiten Ehefrau zwischen seiner Berliner Wohnung und einem Dorfhäuschen in Pilisszentlászló bei Budapest hin und her.

Krasznahorkai ist für seine langen und komplexen Sätze bekannt. Seine Werke, die sich vor allem in Japan besonderer Beliebtheit erfreuen, muten meditativ an und speisen sich oft aus seinen weiten und ausgiebigen Reisen in die Mongolei, nach Japan oder China. Krasznahorkais Roman aus dem Jahr 2005 „Im Norden ein Berg, im Süden ein See, im Westen Wege, im Osten ein Fluss“ spielt in einem japanischen Kloster. Der Held eines anderen Werkes geht nach New York, um dort zu sterben. Krasznahokais Debütroman „Satanstango“ (1985) wurde ebenfalls von Béla Tarr verfilmt. Die Verfilmung, die 450 Minuten dauert, ist einer der längsten Kinofilme aller Zeiten. TIBOR RACZ