So macht Wahlkampf Spaß

BÜRGERSCHAFTSWAHL Unverzagt im Kampf gegen die Fünfprozenthürde: die „Sonstigen“. Welche Asse die Kleinparteien im Ärmel haben, verrät die taz.bremen-Programmvorschau. Teil 4: Die Partei DIE PARTEI

Mehr noch als ein Politikkonzept verfügt DIE PARTEI über ein gut organisiertes InformantInnen-Netzwerk

Danke liebe PARTEI, Danke: Die Art wie ernst die Satire-Partei DIE PARTEI den Bremer Wahlkampf nimmt, wie stark sie sich in ihn einschaltet, mit Guerilla-Aktionen, Plakatspäßen und provozierten Skandälchen, das ist schon wirklich eine gute Tat und ein Dienst an der Demokratie.

Denn: Es wäre ja möglich, in Bremen zu leben, und nix mitzukriegen – von dem, was in einer fast schon unverschämt-dramatisierenden Zuspitzung als „Wahlkampf“ bezeichnet wird. Und selbst wenn man’s mitkriegt: Es ist schon einiges an Kaffee nötig, um nicht dabei einzuschlafen. Denn es ist – das ist kein böser Wille, das hat tiefere Gründe – nichts an Ideen da, die bewegen, emotionalisieren, die Stadt in Lager spalten würden. Langweilig also, aber so what: Außer für politische JournalistInnen ist das nicht wirklich schlimm. Und die versuchen dann originell zu werden.

Ohne natürlich die Grenzen des guten Geschmacks auch nur anzutesten. Also originell – jaaaa, aber auch fein anständig und brav konventionell. Und dann laden sie halt die Politiker des Dorfs in die Straßenbahn. Und machen einen TV-Beitrag mit ihnen, mit vorab gecasteten Gewerkschaftsfunktionären in der Rolle der Spontanfrager.

Die Partei DIE PARTEI, die bezüglich ihres Bremer Wahlprogramms nur angibt: Wir haben eins!, hat mehr noch als ein Politikkonzept ein gut organisiertes InformantInnen-Netzwerk – und kriegt solche bemühten Politvermittlungsgeschichten spitz. Also sind, erkennbar an ihren grauen Einheitsanzügen, etliche der 45 Kandidierenden – nur SPD und CDU haben mehr Leute auf der Liste – in die Tram gestiegen, in der Radio Bremen sein Ruckelfilmchen drehte, und haben: Per Lautsprecher nordkoreanische Propagandamusik abgespielt, gesungen: „Die Partei, die Partei…“, eine Parodie auf den kommunistischen Klassiker, Spökes gemacht und so die Absurdität der zwanghaften Inszenierung vorgeführt.

Radio Bremen allerdings machte höchst misslaunige Miene zum guten Spiel und schnitt den Spaß aus dem Wahlbeitrag lieber raus – und zwar komplett, damit man nur ja das Fernsehnickerchen nicht irgendwie unsanft stört.

Bremen ist, weil so überschaubar, ein prima Feld für direkte satirische Aktion. Die Zahl der Plakate spricht für einen hohen Mobilisierungsgrad – und die darauf propagierten irren Ideen können für anhaltend gute Laune sorgen: Neben jenem, das anregt durch die Ansiedlung von Schwerindustrie im Viertel der Gentrifizierung Einhalt zu gebietet, bleiben die fröhlich-dreiste Übernahme von Jens Böhrnsen als Posterboy oder die Forderung endlich eine Pyramide zu bauen in Erinnerung: Mindestens ja kann Satire das Verhältnis zur sich notorisch wichtig nehmenden Politik entkrampfen. Und die – und ihre Berichterstatter – erinnern, dass ihre Nähe zur Selbstkarikatur wächst, je eingefahrener die Denk und Darstellungsmuster sind.  bes