: Das Ziel ist der Himmel
AUSSTELLUNG Die ehemalige Galerie Beim Steinernen Kreuz zeigt Bilder des 2013 verstorbenen Bremer Malers Norbert Schwontkowski. Viele davon sind zum ersten Mal öffentlich zu sehen
Auf einer hohen, leicht durchgebogenen Leinwand sieht man eine etwas ausgefranste Figur bei ihrer Himmelfahrt. Die Stiefel lässt sie am Boden, der Hut eilt ihr voraus. Ein heller Lichtstrahl umhüllt sie, und als wüsste sie, dass sie bloß gemalt ist, tropft etwas Farbe von ihr herunter. „Schnelles Verschwinden“ ist der Titel des 1994 entstandenen Ölbildes. Gemalt hat es der im vergangenen Jahr verstorbene Bremer Künstler Norbert Schwontkowski. Das Werk ist Teil einer sehr schönen kleinen Ausstellung, die derzeit in den Räumlichkeiten der ehemaligen Galerie Beim Steinernen Kreuz zu sehen ist.
„Auf alle Fragen des Lebens mit Malerei antworten“ ist ihr Titel – und zugleich ein sehr programmatisches Zitat des Malers. Schwontkowski war dafür bekannt, die beiläufigen wie großen Themen des Lebens gleichermaßen tiefgründig und humorvoll in seinen Bildern zu behandeln. Und so begleiten Schwermut und Witz den Sterbenden auf dem eingangs erwähnten Bild gemeinsam. Sein Ziel ist dann aber schon der Himmel. Schließlich war Schwontkowski ein katholischer Maler.
Zusammengestellt hat die Ausstellung Udo Seinsoth, der gemeinsam mit seiner Frau Brigitte seit den frühen 80er-Jahren Galerie und Antiquariat in dem großen weißen Jahrhundertwendehaus nahe der Sielwallkreuzung betrieben hatte. Brigitte Seinsoth, die vor zwei Jahren verstarb, hatte seit 1984 immer wieder in Einzelausstellungen Arbeiten von Norbert Schwontkowski gezeigt und ihn als Galeristin gefördert.
Schwontkowski wurde nach einer großen Ausstellung in der Bremer Kunsthalle 1994 berühmt. Es folgten eine Professur an der Hamburger Kunsthochschule und Ausstellungen in Zürich, Amsterdam und New York. Seiner Bremer Galerie blieb er verbunden und stellte dort weiterhin aus. Während ihrer Jahrzehnte währenden Zusammenarbeit haben die Seinsoths immer wieder Arbeiten von Schwontkowski erworben. Zu den Ausstellungen wurden zudem in niedrigen Auflagen Mappen mit Drucken produziert. Aus dem Urlaub schickte der Maler an seine Galeristen, mit denen ihn eine enge Freundschaft verband, Postkarten, die er mit seinen Motiven übermalte.
Auf diese Weise ist eine sehr persönliche Sammlung mit mehr als 100 Bildern, Drucken und Zeichnungen entstanden, in die Udo Seinsoth nun Einblick gewährt. Darunter sind viele Arbeiten, die noch nie öffentlich ausgestellt wurden. Seinsoth hat schon in der frühen 80ern direkt aus dem Atelier gekauft – oftmals die untypischen Bilder des Malers, der für seine Ockerhintergründe bekannt ist. Zum Beispiel die 18-teilige Serie „9 Sonaten und 9 Soldaten“ von 1984. In zwei Reihen sieht man auf fragilem Kohlepapier oben Sternkonstellationen, unten Soldaten. Nicht beim Töten oder Marschieren. Sondern beim Bügeln, Küssen und Schlafen. Malerei ist hier nicht nur Antwort auf alle Lebensfragen. Durch sie werden sogar Soldaten zu Menschen.
RADEK KROLCZYK
Die Ausstellung ist rund ein Jahr lang mit wechselnden Werken in den ehemaligen Räumen der Galerie Beim Steinernen Kreuz 1 zu sehen. Öffnungszeiten: Montag und Mittwoch 14 bis 19 Uhr.