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Archiv-Artikel

Kalte Kneipen

Das eiskalte Wodkavergnügen bei beständigen minus 5 Grad, egal wie warm es draußen ist: die Absolute Icebar in Stockholm

EISBAR

Für 13 Euro, inklusive Drink, kommt man hinein, in die „Icebar“, die kälteste Tränke Stockholms. Absolut Icebar im Nordic Sea Hotel, Vasaplan 4, Stockholm, Tel. + 46 8 50 56 31 24, www.nordicseahotel.se. täglich 15–24 Uhr, So. bis 21 Uhr. www.stockholmtown.com, www.visitsweden.com

VON RASSO KNOLLER

Jakob Jonas steht mit einer Fellmütze auf dem Kopf und in eine Daunenjacke gepackt hinter dem Tresen. Er arbeitet als Barmann in der Absolute Icebar – und in der zeigt das Thermometer beständig minus 5 Grad, egal wie warm es draußen ist. Kein Wunder, die Bar besteht nur aus Eis – genauer gesagt, aus Eisplatten, die zusammen über 20 Tonnen wiegen.

Einer von Jonas Gästen ist Rashid. Rashid kommt aus Bombay. Mit zwölf anderen Indern reist er durch Europa, und nach Königsschloss und Wasa-Museum steht jetzt der dritte Höhepunkt der Stockholmtour auf dem Programm: die Icebar. Rashid ist aufgeregt: „I have never seen snow“, erzählt der junge Mann in seinem melodischen indisch-englischen Singsang. Auf Schnee wird er auch in der Icebar nicht stoßen, dafür aber auf jede Menge Eis und Kälte.

Die Idee, eine Bar aus Eis inmitten der Hauptstadt zu eröffnen, hatten die Besitzer des Eishotels in Jukkasjärvi. Dort, im Norden von Schweden, wird jeden Winter ein Eishotel erbaut – samt Bar. Seit Jahren kommen Gäste aus aller Welt und zahlen viel Geld dafür, hier in eisigen Temperaturen zu übernachten. Der Nachteil des Baus in Jukkasjärvi: In der Frühjahrssonne schmilzt er dahin. Doch die Bar in Stockholm hält dank des Kühlsystems auch der Sommerhitze stand. Die Betreiber der Icebar bezeichnen ihre Bar ganz unbescheiden als die mit dem höchsten Umsatz in Stockholm – pro Quadratmeter Fläche.

Als sie die Bar vor fünf Jahren eröffneten, war sie zunächst nur als PR-Gag für das Nordic Sea Hotel gedacht, in deren Erdgeschoss sie sich befindet. Die Idee erwies sich aber als so erfolgreich, dass man das Konzept gleich exportierte: Inzwischen können hartgesottene Gäste in Kopenhagen, New York, London, Mailand und selbst in Tokio und Schanghai nach schwedischem Vorbild bei Minustemperaturen Drinks schlürfen. Die durchweg wodkahaltigen Drinks werden in viereckigen Gläsern aus Eis serviert. „On the rocks“ muss man hier bei Jonas nicht extra bestellen – das Eis für die Gläser kommt wie das für die gesamte Bar aus Lappland. In großen Kühlwagen werden Eisplatten vom Fluss Torneälv bis nach Stockholm gekarrt. Zwar wird es auch in der Hauptstadt im Winter bitter kalt. Doch Eis von der nötigen Dicke gibt es nur in Nordschweden. Außerdem ist das Wasser von dort oben viel sauberer als das aus dem Stockholmer Mälarsee, sagt Jakob Jonas.

Weil in die Megagefriertruhe nur etwa 45 Gäste passen, darf während der Rushhour kein Gast länger als eine dreiviertel Stunde in der Bar verharren. Länger wollen die meisten Kunden wegen der Kälte ohnehin nicht bleiben. Rashid nippt inzwischen an seinem zweiten Drink, seine Hände zittern trotz der Handschuhe mächtig. Er lächelt trotzdem tapfer in die Kamera. Denn die Fotos sind für die meisten Gäste der Icebar das Wichtigste. Einmal musste sich Jonas mit 200 Mexikanern hinter dem Tresen ablichten lassen; jeder wollte einzeln mit dem Barkeeper fotografiert werden. Ein anderes Mal warteten an die 2.000 Kreuzfahrtgäste aus den USA stundenlang geduldig vor der Bar – nur um ein Souvenirfoto mit nach Hause nehmen zu können.

Von den Schweden hingegen kennt kaum einer die Icebar in ihrer Hauptstadt. „Einheimische sieht man hier selten“, sagt Jonas. Das wundert ihn nicht: „Bei uns ist es die meisten Monate im Jahr so kalt, da wollen wir nicht auch noch in der Kneipe frieren.“