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Archiv-Artikel

Partei der Alten mit Glaubwürdigkeitsproblem

Parteien zur Landtagswahl: Am 27. Januar wird in Niedersachsen gewählt. Am 24. Februar in Hamburg. Neben den großen, etablierten treten auch viele kleine Parteien an. Die taz nord stellt sie vor. Teil 5: Graue Panther

Um eines müssen sich die Grauen, besser bekannt als „Graue Panther“, keine Sorgen machen: Mangelnde Berichterstattung über ihren Wahlkampf. Eine große niedersächsische Tageszeitung widmete einer „Grauen“ kürzlich einen fast ganzseitigen Bericht – denn Inge Düsterhaus aus der ostfriesischen Gemeinde Ihlow ist mit 77 Jahren die älteste Kandidatin für den niedersächsischen Landtag. Das ist schöne, menschelnde Berichterstattung, so etwas mögen die potenziellen Wähler.

Was den Wählern der Grauen weniger Freude bereiten dürfte, ist ein Finanzskandal, der die Bundespartei in den vergangenen Monaten erschütterte und der aufgrund unablässiger Berichterstattung weiter seine Kreise zieht. Da sollen vom ehemaligen Bundesvorstand Ernst Otto Wolfshohl über Jahre Parteispenden in Millionenhöhe erfunden worden sein, um Geld aus der Parteienfinanzierung des Bundes zu kassieren. Auch fast 160.000 Euro Provisionen sind dafür angeblich an den Politiker geflossen. Wolfshohl sitzt jetzt in Untersuchungshaft – und der Bund will sein Geld zurück: rund 8,5 Millionen Euro.

„Das passt natürlich nicht zu unserer Ideologie. Da kommen jetzt Leute auf mich zu und sagen: ‚Ihr seid ja überhaupt nicht besser als die anderen‘“, sagt Erika Lohe, studierte Theologin, Spitzenkandidatin und Landesvorsitzende in Niedersachsen, sowie Mitglied des Bundesvorstands der Grauen Panther. Ein solcher Skandal trifft eine Partei, die sich den Kampf gegen die Verschwendung von Steuergeldern ganz weit oben auf ihr Wahlprogramm geschrieben hat, natürlich besonders hart. Doch mehr als ihren potenziellen Wählern „lückenlose Aufklärung“ zu versprechen, kann Erika Lohe im Moment nicht tun.

Der Wahlkampf der Grauen in Niedersachsen leidet aber nicht nur unter der Diskussion um den Finanzskandal der Bundespartei – der Landesverband bekommt die Auswirkungen auch direkt zu spüren: „Normalerweise hätten wir in dieser letzten Woche vor der Wahl noch eine Anzeigenkampagne geschaltet, wie alle Parteien“, sagt Erika Lohe. „Dafür fehlen nun aber die Mittel.“ Und so müssen die Grauen auch weiterhin auf reguläre Berichterstattung setzen, um ihre Wahlkampfthemen für Niedersachsen zu kommunizieren.

Neben der Hauptforderung der Partei, einer „fortgesetzten Anpassung der Renten“, stehen eine „realistische Angleichung der sozialen Bezüge“ und „fachlich kompetente Politik“ ganz oben auf der Themenliste. Die Partei setzt sich darüber hinaus gegen „Studiengebühren und ähnlich elitäre Verordnungen“ ein sowie gegen „Ausbeutung in allen Berufen“. Ein weiteres Thema ist die Verbesserung der Nahverkehrsversorgung – eine Forderung, die im Flächenland Niedersachsen Gehör finden könnte. CLAAS GIESELMANN