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Archiv-Artikel

Konsequent gnadenlos

betr.: „NRW fordert 41 Millionen Euro von Nokia“, taz vom 19. 1. 08

Der finnische Weltkonzern Nokia handelt konsequent gnadenlos nach den Regeln einer globalisierten, politisch zunehmend unkontrollierbar gewordenen Weltwirtschaft. Er kassiert staatliche Förderung ab, macht satte Gewinne und sucht nach neuen Geldquellen im schrankenlos gewordenen „Euroland“. Und wenn die Politik dann irgendwann einmal reagiert, oder die Löhne auch im Osten Europas steigen, was soll’s, dann zieht die „Karawane“ halt weiter, in Richtung Ukraine, Indien oder China.

Der empörte Aufschrei von Politikern aller etablierten Parteien in Deutschland ist deshalb mehr als heuchlerisch. Haben nicht gerade diese Politiker und ihre jeweiligen Parteien im Bundestag, aber auch im EU-Parlament dafür gesorgt, dass die an Ludwig Erhards Idee von einer „sozialen Marktwirtschaft“ orientierten Firmen, denen der Standort Deutschland und seine Menschen eben nicht egal waren, inzwischen in der Minderheit sind?

Inzwischen bestimmen nicht mehr die Eigentümer selbst, sondern eine zumeist international zusammengewürfelte Managerklasse den Kurs innerhalb der Konzerne. Haben nicht gerade unsere Politiker die verhängnisvolle Grundlage dafür geschaffen, dass nicht mehr das Modell des klassischen, oft familiär geführten Unternehmertums gefördert wird, welches eng am jeweiligen Standort orientiert ist, sondern stattdessen das international orientierte, spekulativ ausgerichtete Modell einer globalisierten Weltwirtschaft staatlich gefördert wurde? Die Globalisierung ist weder gut noch schlecht. Aber wenn die Politik über Jahrzehnte hinweg die falschen Unternehmer fördert, sich selbst entmachtet und auf Schutzmechanismen und Handelsschranken nahezu völlig verzichtet, muss sie sich über diese negative Entwicklung nicht wundern.

TORSTEN ILG, Köln