: berliner szenen Verwirrung im DT
Wo war die Gans?
Ende der Vorstellung von der „Fledermaus“ im Deutschen Theater. Allgemeiner Wirrwarr zwischen Garderobenausgabe, letztem Programmhefterwerb, Bitten nach Taxiruf und Fragen nach der Toilette. Mittendrin zwei Frauen, eine um die 60, eine etwa 30. Letztere tritt aufgewühlt an den Infostand im Foyer und wendet sich an die dahinter agierende Mitarbeiterin:
„Sagen Sie mal, das war doch jetzt nicht das Stück ‚Ein Teil der Gans‘, oder?“ – „Nein, Sie haben gerade eine Operette angeschaut, ‚Die Fledermaus‘. ‚Ein Teil der Gans‘ lief nebenan in den Kammerspielen.“ – „Ach was, deshalb haben die so viel gesungen. Aber wir wollten doch ‚Die Gans‘ sehen.“ – „Ja, aber warum sind Sie denn nicht aus der Vorstellung rausgegangen, als Sie bemerkt haben, dass Sie im falschen Stück sitzen?“ – „Na, die haben auf der Bühne die ganze Zeit von einem Fest gesprochen, eine Gans war auch dabei und da dachten wir … außerdem war es zum Rausgehen ja auch viel zu dunkel.“ – „Haben Sie sich denn vorher nicht über den Inhalt des Stückes informiert?“ – „Also, im Ernst, das können Sie doch von Ihren Gästen nicht erwarten.“
Die Junge changiert zwischen Ärger und Verwirrtheit. Die Ältere versucht sich einzuklinken: „Der Abend war mein Geburtstagsgeschenk. Ich wollte nicht die ‚Fledermaus‘, sondern ‚Teil der Gans‘ sehen!“ Vorwürfe an den Einlass und die Programmplanung werden laut. Zur Lösung des Problems wird von der Mitarbeiterin ein kostenloser Alternativbesuch angeboten. „Ich bin aber nur noch zwei Tage in Berlin“, sagt die ältere Frau. „Da würde sich unser moderner Sommernachtstraum ‚Pizzicato‘ anbieten.“ – „Na ja“, sagt die Jüngere nach kurzer Bedenkpause, „geht’s denn da auch um ein Fest und eine Gans?“ THERESA SCHÜTZ