: Nazi-Schick in der Rosa-Luxemburg-Straße
Die bei Rechten beliebte Modemarke „Thor Steinar“ wird ab heute in einem neuen Geschäft in Mitte verkauft. Erst gestern musste ein Laden mit ähnlichem Angebot in der Nähe schließen. Antifa und Grüne rufen zu Protest auf
In Mitte eröffnet erneut ein Geschäft, das auch bei Rechtsradikalen beliebte Kleidung verkauft. Ausgerechnet in der Rosa-Luxemburg-Straße 18 sollen ab Freitagmorgen Pullover, T-Shirts und Jacken des Modelabels „Thor Steinar“ angeboten werden. Damit ist ein echter Coup gelungen: Erst gestern musste das Geschäft „Toensberg“ im nahen Berlin-Carré schließen; auch dort wurde die Marke „Thor Steinar“ verkauft. Der Besitzer, die Wohnungsbaugesellschaft Mitte, hatte dem Laden nach langen Protesten von Politikern der Grünen und Linken sowie Antifas gekündigt.
Das Modelabel „Thor Steinar“ ist seit Jahren in der rechten Szene eine beliebte Marke. Ursprünglich bediente es sich einer Runensymbolik, die an germanisch-völkische Darstellungen erinnert. Mehrere brandenburgische Amtsgerichte verboten daraufhin die damalige Version des „Thor Steinar“-Logos wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Kurz darauf änderte „Thor Steinar“ das Logo leicht; das Verbot wurde daraufhin vom Oberlandesgericht Brandenburg aufgehoben. Dennoch beobachtet der brandenburgische Verfassungsschutz die in Zeesen bei Königs Wusterhausen ansässige Firma Mediatex „als starkes Identifizierungslabel in rechtsextremistischen Kreisen“, so ein Sprecher.
In Berlin versuchen Antifas und Initiativen seit Jahren, den Verkauf der rechten Szenekleidung zu verhindern. Zuletzt erfolgreich: Im August kündigte die Wohnungsbaugesellschaft Mitte dem langjährigen Betreiber des Ladens „Toensberg“ im Berlin-Carré. Das bleibt erklärtes Ziel auch für das neue Geschäft. „Wir wollen so einen Laden nicht“, sagt die Grünen-Abgeordnete Clara Herrmann.
Ein breites Bündnis aus Grüner Jugend und Antifa zeigt heute ab 10 Uhr in der Rosa-Luxemburg-Straße Präsenz. Man wolle protestieren und über neue Erscheinungsformen von rechtsradikalem Gedankengut „in Form von Klamotten und Musik“ informieren, so Herrmann. Sie nennt die Lage des neuen Ladens „einen Affront“: „Die 18 steht für Adolf Hitler.“ In rechtsradikalen Kreisen ist es üblich, die Anfangsbuchstaben von Namen und Orten mit Zahlen zu kodieren, die ihrer Position im Alphabet entsprechen.
Nicht nur aus zahlensymbolischen Gründen spricht die Lage des neuen Ladens Bände: „Die wollen in den normalen Mainstream“, sagt Michael Weiß, Bildungsreferent des Antifaschistischen Pressearchivs und Bildungszentrums Berlin (Apabiz). Zum einen sei das offenbar Teil der Normalisierungsstrategie der Neonazis; zum anderen habe Thor Steinar, so Weiß, Image- und damit Absatzprobleme innerhalb der rechten Szene. Nun wolle man sich „ein eher normales Publikum erschließen“. Da dabei Namen wie „Thule“ und „Asgar“ für einzelne Kleidungsstücke verwendet werden, befürchtet Weiß eine weitgehende Normalisierung dieser Begriffe. Die Folge: „Das ist eine offene Flanke für völkische Weltbilder – und damit für rechtes Gedankengut.“
Die Vermieter des Ladenlokals, die Hamburger Impala-Immobilien-GmbH, zeigte sich im Gespräch mit der taz am Donnerstag ahnungslos. Er sei am Mittwoch erst durch die Grüne Clara Herrmann auf die fragwürdige Identität der Mieter aufmerksam geworden, sagte ein Mitarbeiter. Über deren Identität wollte er nichts verraten. Sicher ist aber: Die Firma Mediatex ist es nicht – zumindest nicht offiziell. DUNJA BATARILO