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Archiv-Artikel

Nicht (nur) die Lehrer sind schuld

Die Bildungsdeputation diskutiert den „Evaluationsbericht“ über Schulen und weist die Behauptung, Bremens Lehrer seien wenig motiviert, zurück: Sie würden vielmehr demotiviert – von Systemfehlern

Von Klaus Wolschner

„Eine Schuldzuweisung an die Lehrer verkürzt die Diskussion in unzulässiger Weise“, so formulierte Bremens Schulsenatorin Renate Jürgens-Pieper in der Bildungsdeputation gestern die Lage. Der Leiter des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, Jürgen Baumert, hatte sich sehr kritisch über die Bremer Schullandschaft geäußert und die Motivation der Lehrer als wichtiges Problem bezeichnet.

„Ich habe ihn zu dem Vortrag eingeladen“, bekannte Jürgens-Pieper. Aber der zusammenfassende Bericht der Experten, die Bremens Schulen regelmäßig „evaluieren“, formuliere nicht nur Kritik, sondern benenne auch positive Beispiele. Vor allem wird in dem Papier darauf verwiesen, dass schon vor einem Jahr in dem damals nicht veröffentlichten Bericht für 2006 stand: „Das beunruhigendste Ergebnis unserer Evaluation war, dass sich die Unterrichtsqualität nur sehr langsam zu verbessern scheint.“ Das, heißt es in dem Bericht 2007, könne man „leider“ nur wiederholen (siehe taz vom 10.2.).

Dirk Hagener, einer der Evaluatoren und erfahrener Schul-Mann aus Hamburg, wo er eine Gesamtschule geleitet hat, kennt das Phänomen: „Das Letzte, was sich an Schulen positiv verändert, ist der Unterricht.“

Wenn Lehrer wenig motiviert seien, dann sei das schon Folge des Problems, meinte der FDP-Politiker Magnus Buhlert: „Lehrer werden im System demotiviert. Wenn ein Lehrer versuche, eine heterogene Klasse „im Gleichschritt frontal zu unterrichten“, sei das natürlich äußerst stressig, fasst die Schulsenatorin ihre Sicht auf das Lehrerproblem zusammen. Sie würde gern „Assistenten“ für den Unterricht in bestimmten Klassen einführen, „das wäre mir das allerliebste“. Bisher ist dafür jedoch kein Geld eingeplant.

Jürgens-Pieper möchte die Gesamtschulen mit einer Oberstufe ausstatten, um sie attraktiver zu machen. Am Leibnizplatz stünde das Polizeihaus dafür leer – unter der großen Koalition wurde es aber anders verplant. Die Senatorin würde auch gern eine weitere strukturelle Fehlentscheidung korrigieren, die im Bericht der Evaluatoren ausdrücklich benannt ist: Hausmeister, Schlüsselfiguren für die Ordnung in der Schule, sind in Bremen nicht mehr Teil der Schulorganisation, sondern werden wie „Servicekräfte“ oder Leiharbeiter von einer externen „Gesellschaft für Gebäudetechnik und Management“ eingesetzt.

Wenn sich jedoch Hausmeister nicht mit „ihrer“ Schule identifizieren, sind sie nur halb so viel wert für die Schulkultur. Das „Zuständigkeitsgeflecht“ sei „suboptimal“, sagt Jürgens-Pieper, die Hausmeister-Frage allerdings im Koalitionsvertrag festgeschrieben – ein „dickes Brett“ also, das sie da bohren müsse.

Ein weiterer Kritikpunkte der Evaluatoren: Die Lehrer weiterführender Schulen erfahren nicht, was Pädagogen vorher festgestellt haben. Kenntnisse über frühere Förderversuche sind aber „für die pädagogische Arbeit wichtig“, räumt Jürgens-Pieper ein, Datenschutz-Probleme beim Übergang zwischen Schulen oder zwischen Kita und Schule „müssen bearbeitet werden“.

Wie auch das Problem der sechsjährigen Grundschulen. Nach der vierten Klasse, aus der viele aufs Gymnasium gehen, würden oft „Restklassen“ bleiben. Entweder sechsjährige Grundschule überall oder nirgends, ist der Rat der Experten. „Das wird nicht so bleiben können“, räumt Jürgens-Pieper ein.