: Bochum ermittelt im Reich der Reichen
Die Staatsanwälte in Bochum nehmen nun die Treuhänder von Stiftungen im Fürstentum Liechtenstein ins Visier. Inzwischen versuchen immer mehr Steuersünder der Strafverfolgung durch Selbstanzeige zu entgehen. Ob das funktioniert, ist fraglich
VON ANDREAS WYPUTTA
In der Steueraffäre ermittelt die Staatsanwaltschaft Bochum jetzt auch gegen Treuhänder liechtensteinischer Stiftungen. „Es gibt Untersuchungen zu Personen aus diesem Raum“, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek zur taz. Rechtshilfe aus Liechtenstein erwarten die Bochumer Juristen aber nicht.
Das liechtensteinische Stiftungsrecht gilt als Ausgangspunkt des derzeitigen Steuerskandals. Stifter zahlen in Liechtenstein maximal ein Promille Steuern auf das eingezahlte Stiftungskapital – die Kapitalerträge dagegen bleiben im Fürstentum selbst steuerfrei. In der Bundesrepublik sind auf diese Kapitalerträge aber Steuern fällig – nur werden die Gewinne den deutschen Finanzbehörden wegen des rigiden liechtensteinischen Bankgeheimnisses oft nicht gemeldet. Beim Besuch des liechtensteinischen Regierungschefs Otmar Hasler hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deshalb Druck auf das Fürstentum ausgeübt und ein härteres Vorgehen gegen Steuerbetrug und Geldwäsche gefordert.
Liechtenstein bleibt aber stur: Der Zwergstaat werde sein Stiftungsrecht nicht ändern, betont Hasler. Rechtshilfe werde das Fürstentum erst leisten, wenn auch nach liechtensteinischem Recht Betrug festgestellt werde – schlechte Chancen also für die Bochumer Staatsanwälte.
Zuvor hatte Liechteinsteins Erbprinz Alois den Kauf gestohlener Kundendaten der liechtensteinischen LGT-Bank durch den Bundesnachrichtendienst als „Hehlerei in großem Stil“ bezeichnet. Der Vorsitzende der schweizerischen Bankiersvereinigung, Pierre Mirabaud, entschuldigte sich dagegen für seinen Vergleich der deutschen Behörden mit der Gestapo.
Gleichzeitig wächst auch in den USA das Interesse an der deutsch-liechtensteinischen Affäre. Der demokratische Senator Carl Levin kündigte eine Untersuchung an, wie die Steuerhinterziehung über Liechtensteiner Banken gestoppt werden könne. Dem US-Finanzministerium gingen durch die Steuerhinterziehung über Banken in Übersee jährlich Einnahmen in Höhe von schätzungsweise 68 Milliarden Euro verloren, sagt Levin.
In Deutschland versuchen inzwischen immer mehr Steuerhinterzieher, der Strafverfolgung durch Selbstanzeigen zu entgehen. Dieter Ondracek, Chef der Gewerkschaft der Finanzbeamten, rechnet mit „mehreren tausend Selbstanzeigen“.
Diese Tendenz bestätigen die Bochumer Ermittler: „Mittlerweile haben sich mehr Verdächtige offenbart als in solchen Fällen üblich“, sagte der stellvertretende Behördenleiter, Oberstaatsanwalt Ulrich Krück, der taz. Ob sich diese Selbstanzeigen aber strafmildernd auswirken, sei von den Gerichten zu prüfen. Liegen den Ermittlern bereits Hinweise auf Steuerhinterziehung vor, schützt eine späte Offenbarung nicht. Deshalb würde auch bei Verdächtigen durchsucht, die sich selbst angezeigt haben. „Wenn wir bereits vor der Tür stehen, ziehen wir nicht wieder ab“, sagt Staatsanwalts-Sprecher Bienioßek: „Schließlich könnten danach noch Beweise vernichtet werden.“
Die Bochumer Ermittler, die am kommenden Dienstag eine erste Bilanz ihrer Ermittlungen ziehen wollen, bleiben deshalb bei ihrer harten Linie. Die Durchsuchungen sollen unvermindert weitergehen. Einwände, dass viele Verdächtige schon sämtliche Beweise vernichtet haben müssten, lässt Vize-Behördenchef Krück nicht gelten. „Deutsche machen von allem, was sie wegwerfen, drei Kopien“, sagt er. „Zu finden ist überall etwas. Ich habe auch schon einen Bankschließfach-Schlüssel in einem Pfund Mehl gefunden.“