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Archiv-Artikel

Direkt neben den Pfeifen sitzen

Das Geld spendet ein Privatier, Planung und Bau erledigt eine Bonner Spezialfirma: In den nächsten Monaten beginnen die Planungen für den Bau der Orgel für die Elbphilharmonie. Eingebaut wird sie dann im April 2010

„Wenn jeder Zuschauer einmal auf die Orgelpfeifen fasst, sind die bald nicht mehr schön. Also brauchen wir ein Fingerabdruck-abweisendes Material.“ Es klingt banal, was Philipp Klais da sagt. Doch der Mann, dessen Firma die Orgel für die Elbphilharmonie bauen wird, meint es ernst: Nur in wenigen Konzertsälen steht die Orgel inmitten der ringsum im Saal verteilten Zuschauer. Das Instrument wird in Hamburg quasi in die Wand integriert – und einige Besucher werden recht dicht neben den großen Pfeifen sitzen.

Aus fünf Bewerbern hat eine Kommission der Kulturbehörde die Bonner Firma gekürt, die das Instrument in den kommenden zwei Jahren bauen wird. Akustisch wird die Orgel vor allem für das Repertoire des 19. Jahrhunderts geeignet sein, es soll aber auch Zeitgenössisches darauf gespielt werden können. Zusätzliches Ingredient: ein so genanntes Fernwerk, in das weitere Register eingebaut werden, damit sphärische Klänge möglich sind. Die entsprechenden Orgelpfeifen werden in den Reflektor montiert, der über dem Orchester hängen soll. Die Montage des Reflektors wiederum erschien den Planern erforderlich, um den Nachhall zu mindern, den die trichterförmige Saaldecke erzeugt.

Zwischen 18 Zentimeter und zwölf Meter lang werden die bis zu 650 Kilo schweren Orgelpfeifen; die Tonhöhen sollen zwischen 16 und 16.000 Hertz liegen. Am wichtigsten sei aber „ein warmer Klang und die Fähigkeit zu extremen Crescendi“, sagt Klais, dessen Unternehmen unter anderem das Pekinger Nationaltheater, die St. Petersburger Philharmonie sowie Hallen in Singapur und den USA ausgestattet hat.

Baubeginn für die Elbphilharmonie-Orgel ist 2009 in Bonn. Der Einbau in Hamburg startet dann im April 2010. Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter sagt, er sei „ohnehin überrascht“ darüber gewesen, „dass dieser Saal ursprünglich ohne Orgel geplant war“.

Was er eigentlich mitnichten war: Auf Simulationen der künftigen Elbphilharmonie war die Orgel sogar zart angedeutet. Weil aber der Hamburger Senat dafür nicht zahlen wollte, musste erst einmal Geld beschafft werden. Fündig wurde Kultursenatorin Karin von Welck im vorigen Jahr: Ein Hamburger Kaufmann wird den siebenstelligen Betrag spenden, den Entwurf und Bau der Orgel kosten. PETRA SCHELLEN