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Archiv-Artikel

Die Gedanken der anderen

Perlentaucher verliert Auftrag – und stellt einen Zusammenhang mit der „FAZ“ her

Von RAA

Die Gedanken der einen sind: Auftrag ausgeschrieben. Verfahren beendet. Perlentaucher hat verloren. Das Journalistennetzwerk n-ost hat gewonnen. Die Gedanken der anderen sind: Das riecht nach einer Sauerei.

Es geht um die Ausschreibung eines Auftrags der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB): Die Presseschau „Eurotopics“ war ihr bisher bis zu 560.000 Euro im Jahr wert. Der Internetdienst Perlentaucher hatte 2004 die erste Ausschreibung gewonnen und für „Eurotopics“ seither werktags Zeitungen aus 28 Ländern ausgewertet und Zusammenfassungen veröffentlicht. Es gab nun die Möglichkeit, den Perlentaucher-Vertrag um ein Jahr zu verlängern oder ihn zu beenden, heißt es bei der Bundeszentrale. Die BpB entschied sich für die zweite Möglichkeit. „Dies ist ein bei der Verwendung öffentlicher Gelder absolut üblicher und rechtlich einwandfreier Vorgang“, so die Bundeszentrale, die sich freilich auch Vorwürfe einhandeln würde, würde sie Aufträge nicht ausschreiben.

Die zweite Ausschreibung gewonnen hat nun das Journalistennetzwerk n-ost (wobei das Verfahren noch nicht völlig abgeschlossen ist). Ausschreibungskriterien seien „Qualität und Preis“, heißt es aus der Bundeszentrale. Und niemand würde sich wundern – wäre nicht Olaf Sundermeyer eines von 200 Mitgliedern bei n-ost. Der freie Journalist schrieb 2007 in der FAZ einen Text, der „Die Gedanken der anderen“ hieß. Der Artikel handelte vom Perlentaucher, gegen den die FAZ damals gerichtlich vorging (was im Text nicht stand). Der Perlentaucher fasst die Inhalte von Zeitungen zusammen – FAZ und SZ hatten wegen Urheberrechtsfragen geklagt. Der Prozess (der Perlentaucher gewann in erster und zweiter Instanz; der Fall geht in die nächste Instanz) stand bevor.

Sundermeyers Text kann man, wenn man die eigenen Gedanken verwendet, so paraphrasieren: Erstens, der Perlentaucher klaue quasi die Gedanken anderer und verdiene damit Geld. Zweitens stellte Sundermeyer (oder die FAZ) quasi den Sinn von Eurotopics infrage: Eurotopics sei relativ teuer und werde von relativ wenigen gelesen.

Der Perlentaucher hat nun auf die Verbindung von Sundermeyer und n-ost hingewiesen – und auch darauf, dass im Beirat von n-ost der FAZ-Mitherausgeber Werner d’Inka sitze. Warum? „Es geht uns nur um eine Offenlegung dieser Verknüpfungen“, sagt Anja Seeliger vom Perlentaucher. Und ohne dass man Betrug rufen müsste, was wohl weder der Bundeszentrale noch dem für die Ausschreibung zuständigen Beschaffungsamt noch n-ost gerecht würde, kann so eine Offenlegung ja tatsächlich nicht schaden. RAA