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Archiv-Artikel

„Zeit der Feindbilder ist vorbei“

Der neue CDU-Fraktionschef Frank Schira darüber, was ihm unter Schwarz-Grün möglicherweise blüht, eine gemeinsame Seelenlage mit der GAL – und das bürgerliche Milieu als Wählerreservoir

FRANK-THORSTEN SCHIRA, 43, sitzt seit 1997 in der Bürgerschaft. Der Sozialexperte war zuletzt stellvertretender CDU-Fraktionschef.

INTERVIEW GERNOT KNÖDLER

taz: Herr Schira, Sie sollen die CDU-Bürgerschaftsfraktion möglicherweise in einer Koalition mit der GAL führen. Haben Sie sich das gut überlegt?

Frank Schira: Jetzt haben wir erst mal Koalitionsgespräche und dass wir die führen wollen, haben wir uns genau überlegt – so wie die GAL.

Wenn eine Koalition zustande kommen sollte: Haben Sie dann einen schwierigen Job vor sich?

Fraktionsvorsitzender zu sein, ist nie ein einfacher Job und er ist sicher dadurch schwieriger geworden, dass wir einen Partner brauchen. Wenn man eine absolute Mehrheit hat, wie wir bisher, unterhält man sich nur mit seinen eigenen Leuten, was mitunter ja schon schwierig sein kann. Es wird sicher spannungsreich – aber im positiven Sinne.

Ihr Vorgänger, Bernd Reinert, hat seine Aufgabe geräuschlos erledigt. Was sind seine besonderen Qualitäten?

Bernd Reinert ist ein Urgestein der Hamburger CDU und wird auch weiterhin eine wichtige Rolle in deren Führungsriege spielen. Seine Fähigkeiten der Kommunikation nach innen habe ich auch und es wird auch mein Trachten sein, die Fraktion geräuschlos zu führen.

Darüber, dass Sie eine Koalition mit der GAL ins Auge fassen, sind nicht alle begeistert. Haben Sie Angst, die Fraktion könnte auseinander fallen?

Sie wird nicht auseinander fallen. Angst habe ich auch nicht.

Zumindest müssen Sie aber damit rechnen, dass einzelne Abgeordnete ausscheren.

Damit rechne ich nicht. Wir müssen uns in der Kunst des Kompromisses üben. Keine Partei kann sich in Koalitionsgesprächen zu 100 Prozent durchsetzen. Das wissen auch alle CDU-Abgeordneten und auch die von der GAL.

Wo rechnen Sie eher mit Bruchlinien: bei den Inhalten oder im Soziologischen? Es sind ja ganz verschiedene Leute aus GAL und CDU, die da aufeinander träfen.

Das sehe ich nicht so. Viele Abgeordnete der GAL und der CDU sind seit geraumer Zeit dabei. Man kennt sich aus vielen Gremien. Die Zeit der Feindbilder ist vorbei. Ich finde es spannend, mit kreativen GAL- und CDU-Leuten zu verhandeln. Dabei könnte etwas Gutes herauskommen. Ich sehe die trennenden Milieus nicht. Wenn Sie meinen Wahlkreis betrachten – Alstertal-Walddörfer, gut bürgerlich, eine feste Burg der CDU: Auch die GAL hat dort im bürgerlichen Klientel eine gut verankerte Wählerschaft.

Die CDU hat in den Sondierungsgesprächen weitgehende Angebote gemacht. Wie wichtig ist Ihnen das schwarz-grüne Projekt?

Schwarz-Grün kann eine große Chance für Hamburg sein. Am Ende der Verhandlungen werden wir sehen, ob es tragfähig ist. Wir wollen dafür etwas tun.

Ist das ein Projekt oder mehr eine Notgemeinschaft?

„Notgemeinschaft“ würde ich nie sagen, weil es die Situation nicht trifft. Das Wählervotum fordert die Parteien auf, etwas mit dieser Situation zum Wohle Hamburgs zu machen. Das könnte eine Konstellation sein, in der sich zwei Parteien begegnen, die eine gemeinsame Seelenlage habe: gewisse Erfahrungen mit der Sozialdemokratie. Das könnte den Boden für Gemeinsamkeiten bereiten.

Geht die treibende Kraft von Hamburg aus oder hat Ihnen die Bundespartei sanft nahe gelegt es doch mal mit den Grünen zu probieren?

Wir sind Herr unserer Entscheidungen.

Gibt Ihnen Ihr CSU-Kollege aus dem bayerischen Landtag denn noch die Hand, wenn Sie in Hamburg erst mal eine schwarz-grüne Koalition vereinbart haben?

Natürlich!