Kein Sieger, zwei Tore, vier Platzverweise

1 : 1 gegen Wolfsburg: Der Hamburger SV konzentriert sich nach dem Aus im Pokal und im Uefa-Cup nun auf die letzten Ligaspiele und schleicht Richtung Champions League. Hat das Team einfach schon zu viele Spiele in den Beinen?

Einer der Sinnsprüche, die Huub Stevens in Dauergebrauch hat, lautet, dass man „auch mal mit einem Punkt zufrieden sein muss“, wenn das und das so und so gelaufen ist. Was soll man sagen? Genauso verhält es sich mit dem 1 : 1 beim VfL Wolfsburg vom vergangenen Samstag. Gemessen an der souveränen Verbissenheit, mit der der HSV 50 Minuten das Spiel kontrollierte und das 1:0 von Reinhardt (14.) verteidigte, hätte mehr rauskommen können. Aber angesichts der fehlerhaften Darbietung bei und nach Ljubojas überraschendem Ausgleich (52.) gilt letztlich doch das Verbal-Stereotyp des scheidenden HSV-Trainers. Neun Spiele hat Stevens noch, dann kommt ein Neuer – wer es sein wird, ist weiter unklar.

Übrigens war das Spiel im Großen und Ganzen nicht schlecht. Und längst nicht so hektisch oder hart, wie es vier Platzverweise – je zwei für jedes Team – in den letzten zehn Minuten nahe legen.

Die Bayern sind nun in der Tabelle endgültig weg, das muss man akzeptieren. Aber dahinter bleibt der HSV auf Platz zwei und auf Champions League-Kurs. Zwar sind die Hamburger seit zehn Ligaspielen ungeschlagen, aber sie schleichen der europäischen Gelddruckmaschine derart entgegen, dass keine seriöse Prognose abgegeben werden kann, ob es am Ende reichen wird.

Was spricht für Hamburg? Sicher die Defensiv-Maschine, die zeitweise so präzise und druckvoll arbeitet, dass selbst ein mittlerweile qualitativ okayes Team wie Wolfsburg lange Zeit keinerlei Kombinationsfußball hinkriegt. Andererseits, sagt Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer, „haben wir es dem Schicksal überlassen, ein Tor zu bekommen“. Ein Fehler von Trochowski, ein bisschen Glück, weil Mathijsen den Linksschuss von Wolfsburgs Danijel Ljuboja abfälschte, „dann haben wir die Kontrolle über das Spiel abgegeben“. Warum, das weiß auch Beiersdorfer nicht. Am Gegner lag es am Samstag nur bedingt.

Der HSV kann sich nach dem Aus im Pokal und im Uefa-Cup nun auf die letzten Ligaspiele konzentrieren. Allerdings hat das Team, das im UI-Cup startete, einfach schon eine Menge Spiele in den Beinen. Der Leistungsabfall in der VW-Arena war beträchtlich. Und Kapitän Rafael van der Vaart war praktisch nicht im Spiel. Ein Feuerwerk schossen in Wolfsburg nur die HSV-Anhänger ab.

Nun muss man kommenden Samstag gegen Bielefeld auch noch auf die vom Platz gestellten Mathijsen (Rot) und Kompany (Gelb-Rot) sowie de Jong (fünfte Gelbe) verzichten. Kompany war grade sechs Minuten im Spiel, als er das zweite gelbwürdige Foul beging und wieder gehen durfte (87.). „Zurecht“, wie Stevens bellte, „wenn er sich so dumm anstellt.“ Mathijsen dagegen war beim Doppelplatzverweis-Showdown mit seinem Gegenspieler Grafite für die Hamburger das Opfer: Stevens wies bedeutungsschwanger darauf hin, Mathijsen sei „mit Verdacht auf Handbruch“ ins Krankenhaus abtransportiert worden.

Der VfL Wolfsburg muss derweil am Freitag in Rostock auf beide Innenverteidiger verzichten. Madlung sah auch Gelb-Rot (80.), Costa die fünfte gelbe Karte. Was heißt das? „Das heißt“, sagt Felix Magath – und bei sowas verzieht er keine Miene, „dass wir zwei andere Innenverteidiger aufbieten müssen.“

Magath hat gut grinsen, mit 37 Punkten, der Rückkehr ins Mittelfeld der Liga und dem Erreichen des Pokalhalbfinales hat er das Saisonziel praktisch geschafft. Der Rest ist Zugabe. Der HSV dagegen… Sagen wir so: „Der HSV ist auf einem guten Weg. Wenn man es mit der letzten Saison vergleicht.“ Noch so ein Merkspruch von Huub Stevens. Egal, wie es ausgeht: Den wird er auch noch am letzten Spieltag bringen. PETER UNFRIED