: Jagt den Watzal
Proisraelische Aktivisten fordern, dass ein israelkritischer Redakteur der Bundeszentrale seinen Job verliert
BERLIN taz ■ Die schwelende Fehde zwischen Antideutschen und Israelkritikern ist wieder offen ausgebrochen. Ludwig Watzal, Redakteur bei der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) und rühriger Kritiker israelischer Besatzungspolitik, sieht sich erneut mit konzertierten Attacken konfrontiert, die ihn des Antisemitismus anklagen und ihn aus seinem Job entfernen wollen.
Einschlägige proisraelische Websites und ein Artikel in der Jerusalem Post werfen Watzal vor, auf der proamerikanischen Website Lebanonwire eine Buchbesprechung veröffentlicht zu haben, in der er seine Funktion als Redakteur der BpB erwähnt. Laut einer Vereinbarung mit der Bundeszentrale ist es Watzal seit dem Jahre 2005 untersagt, seine Israel-kritischen Veröffentlichungen mit seiner Funktion als Redakteur der Bundeszentrale in Verbindung zu bringen. Watzals Gegnern gelten diese Veröffentlichungen als antisemitische Machwerke.
Der BpB-Redakteur erklärte gegenüber der taz, dass die Besprechung des Buchs von Ghada Karmi, „Israel’s Dilemma in Palestine“ ohne sein Wissen auf die Website von Lebanonwire gestellt und seine persönlichen Angaben manipuliert wurden. Ursprünglich sei der Artikel für die Website counterpunch geschrieben worden und dort auch erschienen, ohne jeden Hinweis auf seine berufliche Funktion.
Auch wenn die Jerusalem Post in ihrem Artikel Anfang März etwas vorschnell einen „Aufschrei in Deutschland“ wegen Watzals Veröffentlichung ausgemacht haben will, hat sich doch ein Parlamentarier gefunden, der sich dem Anliegen der proisraelischen Lobby nicht verweigert hat. Laut einschlägigen Publikationen fordert der SPD-Bundestagsabgeordnete Gerd Weisskirchen, Europas Vertreter bei der OECD zur Bekämpfung des Antisemitismus, die Entlassung Watzals als Redakteur der Bundeszentrale für politische Bildung. Auch soll er demnach Watzals Schriften als antisemitisch bezeichnet und angekündigt haben, die „Affäre Watzal“ vor den Innenausschuss des Deutschen Bundestages bringen zu wollen. Weisskirchen war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Eher gelassen reagierte bislang die Bundeszentrale selbst. Solange Watzal die Angaben zu seiner Person auf der Website Lebanonwire nicht selbst gemacht habe, treffe ihn keine Verantwortung, ließ Sprecher Daniel Kraft gegenüber der Website des Jewish Chronicle verlauten. Die Watzal-Jäger dürften sich mit dieser Version freilich nicht abspeisen lassen. GEORG BALTISSEN