: Fette Burger in der Klinik
Mampfen am Mittwoch: Statt Kantinenessen können Patienten in Pinneberg einmal pro Woche bei McDonald’s bestellen. Das Krankenhaus ist stolz auf dieses neue Angebot und zahlt dafür sogar drauf
von DANIEL KUMMETZ
Deutschlands Kliniken sind klamm: Lohnerhöhungen und Gesundheitsreformen machen den Krankenhäusern zu schaffen. Doch für ausgefallene Ideen des Managements scheint Geld da zu sein. So kauft die Pinneberger Regioklinik bei McDonald’s ein, und die Patienten zahlen ganz normal wie für eine Kantinenmahlzeit. Der amerikanische Fastfood-Konzern gibt weder Rabatt noch Spenden – und das Krankenhaus bezahlt die Differenz zwischen Essenspauschale und Burgerpreis.
Für die Klinik ist es ein Marketing-Coup: Fastfood im Krankenhaus – diese skurrile Nachricht lockte das ZDF, brachte Zeitungsartikel und Patienteninteresse. Ein durchaus planbarer Erfolg der Klinik-Manager, die sich das etwas kosten lassen.
Doch das ganz große Mampfen am Mittwoch bleibt in den Räumen der Klinik trotzdem Tabu: Wer von seinem Arzt die Freigabe für Burgerbrater-Produkte erhält, darf aus der zusammengekürzten Karte eine beschränkte Menge wählen. Pommes sind verboten, nur Light-Getränke werden geliefert. Ob die Pommes allerdings wirklich aus gesundheitlichen Gründen gestrichen wurden, bleibt unklar: Die McDonald’s-Pressestelle verweist auf die hausinternen Frische-Regeln.
Kritik an der neuen Wahlfreiheit der Patienten wehrt die Pressesprecherin des Klinikums ab: „Wir sind keine Erziehungsberechtigten und wollen das auch nicht sein“, sagt Susanne Eyrich. Die Patienten sollten sich wie zu Hause fühlen und das bekommen, was sie wollen. „Viele Kunden essen zu Hause nicht gesünder.“ Und wenn man durch eine Klinik gehe, könne man auf vielen Patiententischen Colaflaschen und Pralinenschachteln entdecken.
Den Eindruck, dass ihnen die Ernährung der Patienten egal sei, will die Klinikleitung aber auch nicht erwecken. „Wir bekennen uns aber auch dazu, dass wir als Krankenhaus für Vernunft und Aufklärung stehen“, sagt Eyrich. Doch statt das Essen von McDonald’s zu verteufeln, sei es besser, die Patienten „am Objekt“ zu erziehen. Diese Position sei so auch mit der Ärzteschaft abgesprochen.
So kommen nun seit Frühjahr 2007 jede Woche zwanzig bis dreißig Bestellungen in das 330-Betten-Haus – abgegeben werden sie überwiegend von Patienten aus der Unfall-Chirurgie, Gynäkologie und Neurologie. Für jeden Patienten gibt es einen Katalog, was er essen darf und was nicht. Wer am Magen operiert wurde, hat keine Chance auf eine Freigabe – wie fast alle aus dem internistischen Bereich.
Die Idee für den Marketing-Gag stammt vom kaufmännischen Direktor der Klinik, Marcus Plaschke. Der hatte schon seinen letzten Arbeitgeber von der Idee einer Kooperation mit McDonald’s zu überzeugen versucht, war jedoch am hausinternen Widerstand gescheitert. In Pinneberg finden laut Pressesprecherin die Patienten das neue Angebot vor allem „witzig“. So gebe es viele Krankenhausbesucher, die durch diese Möglichkeit das erste Mal die Produkte von McDonald’s ausprobierten. Angeblich gibt es nicht mal mit der hausinternen Kantine Ärger wegen der gut subventionierten Burger-Konkurrenz.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch betrachtet den Pinneberger Coup mit einer gewissen Gelassenheit. So lange die Wahlfreiheit bestünde, sei das in Ordnung. „Es gibt auch das andere Extrem, dass Kliniken vollständig auf Bio-Kost umstellen“, sagt Pressesprecher Andreas Eickelkamp.
Foodwatch sehe seine Aufgabe eher darin, gegen den Einsatz von gentechnisch verändertem Futtermittel bei Rindern zu kämpfen, aus deren Fleisch die Burger produziert werden.