berliner szenen Nach dem Feuer

Eine Installation

Es war Mittag und fast Ostern. Wir wollten schön essen gehen. Das französische Restaurant in der Skalitzer Straße war eine gute Idee. Leider war es in der Nacht abgebrannt. Nun sah es so aus wie im Fernsehen: Die Rollläden aus Blech waren geborsten. Der Bereich vor dem Restaurant war mit einem rotweiß gestreiften Plastikband abgesperrt.

Hausbewohner, Nachbarn, ein paar Männer in Arbeitskleidung und Leute, die nur zufällig vorbeigekommen waren, standen vor der Restaurantruine. Die Unterschiede waren wohl fließend zwischen denen, die irgendwie mit dem Restaurant verbunden waren, und denen, die einfach nur gucken wollten. Dies und das, was noch zu retten gewesen war, stand auf den Bürgersteig, Tische, Stühle. Golden schimmerte der Rest eines Ofenrohrs. Das Polster eines Stuhls war angesengt. Auf diesem Stuhl hatte ich Silvester vor fünf Jahren gesessen. Damals hatte es mich sehr empört, als Freunde plötzlich zu „Sex Machine“ von James Brown tanzten. Eine lange Geschichte…

Das Ensemble der kaputten und angesengten Dinge erinnerte an eine Installation. In ihrem Zentrum standen dunkel kreuzbergerisch gekleidete Männer, kollektiverprobte Handwerker vielleicht, sehr verlässliche Leute, die bei keinem Umzug von Freunden und Bekannten fehlen und „hier“ rufen, wenn’s an die Waschmaschine geht.

Die Männer wirkten gefasst. Ein kleiner Junge fragte, was geschehen sei, und bekam eine knappe Antwort. Ein Handyfotograf bekam einen bösen Blick. Jemand im Blaumann stand am Rande und rauchte einen Joint. Das Gras roch nach Feierabend. Wahrscheinlich war er schon seit dem frühen Morgen hier. Ein bisschen sah’s auch aus wie eine Zeichnung von Gerhard Seyfried.

DETLEF KUHLBRODT