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Archiv-Artikel

Kosovaren sollen Serben bleiben

Deutschland hat das Kosovo so schnell als Staat anerkannt, dass es deutsche Beamte verwirrt: Ausländerämter schicken Kosovaren teils sogar zur serbischen Botschaft

BERLIN taz ■ Ende Februar hat sich das Kosovo für unabhängig erklärt, Deutschland erkennt den Staat an. Doch zu allen Behörden in Deutschland hat sich das noch nicht herumgesprochen, was dazu führt, dass in Deutschland lebende Kosovaren vergeblich auf ihre Papiere warten.

So berichtet die Berliner Anwältin Ellen Apitz von kosovarischen Mandanten, die zur serbischen Botschaft geschickt werden, um sich dort Identitätsbescheinigungen oder Pässe zu besorgen. Ohne Pass erhalten Flüchtlinge nicht die Aufenthaltstitel, die ihnen zustehen. Bei einer kosovarischen Botschaft kann niemand um einen Pass bitten: Eine solche Botschaft existiert in Deutschland nicht, und es ist unklar, wann der neue Staat eine einrichtet. „Damit können sich Kosovaren objektiv keine Pässe von ihrem Konsulat besorgen. Wenn deutsche Behörden das anerkennen würden, müssten sie ihnen einen Staatenlosenpass ausstellen“, sagt Apitz. Doch das tun sie nicht. Die letzte Aufforderung, zu Serbiens Botschaft zu gehen, schickte Berlins Ausländerbehörde einem ihrer Mandanten am 14. März.

„Es entspricht nicht der Weisungslage unserer Behörde, Kosovaren weiterhin zur serbischen Botschaft zu schicken“, sagt hingegen eine Sprecherin der Berliner Innenverwaltung. Ellen Apitz hat tatsächlich festgestellt, dass sich nach der taz-Anfrage etwas geändert zu haben scheint. „Wer bereits einen serbischen Pass hat, der lediglich abgelaufen ist, soll nicht mehr zur serbischen Botschaft geschickt werden, um den zu verlängern.“ Da wird das Aufenthaltsrecht in den abgelaufenen Pass gestempelt. „Was mit den anderen wird, ist unklar“, berichtet die Anwältin.

In Niedersachsen hat es das Innenministerium in einem Erlass so formuliert: „Der für Niedersachsen zuständige Generalkonsul der serbischen Republik in Hamburg hat erklärt, dass auch nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo (…) Kosovaren die konsularischen Dienste weiterhin in Anspruch nehmen können. (…) Demnach ist es hier aufhältlichen Kosovaren weiterhin möglich, über die Auslandsvertretung Serbiens einen Heimatpass zu erhalten.“ Dass es sich um den „Heimatpass“ eines anderen Staates handelt, ist offenbar uninteressant.

In Bayern, sagt Stephan Dünnwald vom dortigen Flüchtlingsrat, werde von einbürgerungswilligen Kosovaren nach wie vor eine Ausbürgerung aus der serbischen Staatsangehörigkeit verlangt. Aus einer Staatsangehörigkeit, die sie nach deutschem Verständnis eigentlich nicht mehr haben sollten. Doch diese Praxis herrscht offensichtlich nicht in ganz Bayern. Der Münchner Anwalt Hubert Heinhold hat von der Ausländerbehörde der Landeshauptstadt erfahren, dass Einbürgerungsverfahren von Kosovaren dort ruhen würden – bis eines fernen Tages eine kosovarische Botschaft eröffnet, die die Betroffenen ausbürgern soll. „Das ist für die Mandanten die schlechteste aller Möglichkeiten“, sagt er. Auch in Baden-Württemberg werden derartige Verfahren ausgesetzt, sagt der Stuttgarter Anwalt Ernst Okolsian.

Mehrere norddeutsche Bundesländer wie Schleswig-Holstein verfahren seit Jahren pragmatischer. Weil im Kosovo viele Dokumente im Krieg verbrannt waren und Roma-Mädchen oft gar nicht registriert wurden, wurden Kosovaren schon lange vor der Unabhängigkeitserklärung eingebürgert – auch wenn sie so eine doppelte Staatsangehörigkeit erhalten. MARINA MAI