WAS MACHEN EIGENTLICH ... die Berliner?
: Sich präsentieren

Die Geschichte von Maria Kraft muss den Machern der „be berlin“-Kampagne Freudentränen in die Augen getrieben haben: Nach 85 Jahren kehrte die Frau dem fränkischen Bamberg den Rücken und zog in eine WG in Mitte – mit ihrem schwulen Sohn und dessen Freund. „Sei risikobereit, sei aktiv, sei Berlin“, überschrieb die agile Seniorin ihr neues Hauptstadtgefühl. 189 solcher Berlin-Stories stehen inzwischen auf www.seiberlin.de. Es sind Liebesgeschichten: vom Hartz-IV-Empfänger, der mit seinem „Hartzer Roller“ durch Marzahn rollt und Arbeitslose berät; vom gebürtigen Südafrikaner, der sich auf den Spuren von „Emil und den Detektiven“ in die Heimat der Eltern aufmachte und blieb; von der Geschichtsstudentin, die anderen ihre Liebe zur Platte vermitteln will.

Die Berliner lassen sich offenbar gern als „Botschafter“ ihrer Stadt einspannen – solange sie sich dafür öffentlich präsentieren dürfen. Seit dem Kampagnenstart vor drei Wochen sind bei den Hauptstadtwerbern 1.300 persönliche Beiträge eingegangen. Die Werber werten das natürlich als enormen Erfolg. Aber Vorsicht: Nur weil der Berliner gern erzählt, setzt das nicht unbedingt sein Wohlwollen voraus. Laut einer Forsa-Umfrage finden 60 Prozent der EinwohnerInnen die Kampagne „schlecht“, der Slogan wird als „peinlich“ und „bescheuert“ geschmäht. Auch wer mitmacht, hat offenbar meist ganz eigene Motive: Die eifrige Selbstdarstellung von Geschäftsleuten und Vereinen wirft die Frage auf, wer eigentlich hier wen einspannt: „Sei clever, sei Eigenwerbung!“ API ABB.: BEBERLIN